Im Bilanzskandal um Wirecard gerät die Finanzaufsicht BaFin weiter in den Fokus: Mitarbeiter der Behörde sollen in den Monaten vor dessen Pleite verstärkt mit Papieren des DAX-Konzerns gehandelt haben. Das Bundesfinanzministerium, dem die BaFin unterstell ist, sieht darin offenbar kein Problem.
Im ersten Halbjahr 2020 entfielen 2,4 Prozent aller gemeldeten privaten Finanzgeschäfte von BaFin-Mitarbeitern auf Geschäfte mit Wirecard-Aktien oder -Aktienderivaten, berichtet die Nachrichtenagentur Reuters und beruft sich dabei auf Antworten des Bundesfinanzministeriums auf einen Fragenkatalog der Grünen. Ein deutlicher Anstieg im Vergleich zu den Vorjahren: Im Gesamtjahr 2018 lag der Anteil demnach nur bei 1,2 Prozent, 2019 bei 1,7 Prozent.
„Nicht ungewöhnlich“ für das Finanzministerium
Die Zunahme des Handels mit Wirecard-Papieren habe die BaFin mit den höheren Schwankungen des Aktienkurses durch die Medienberichterstattung und die Ad-hoc-Meldungen des Unternehmens erklärt, hieß es in der Antwort des Bundesfinanzministeriums. Die verstärkten Wirecard-Aktiengeschäfte der BaFin-Mitarbeiter seien im Vergleich zu anderen DAX-Werten, bei denen die Volatilität gestiegen sei, „nicht ungewöhnlich bzw. nicht auffällig.“
Bezogen auf Geschäfte mit Aktienderivaten des Zahlungsabwicklers seien von BaFin-Mitarbeitern 58 Prozent Erwerbe und 42 Prozent Veräußerungen gemeldet worden. Mit Panikverkäufen oder ähnlichem lässt sich die erhöhte Handelsaktivität also nicht primär begründen. Inwieweit sie dabei durch Leerverkäufe auf Kursverluste gewettet haben, lasse sich nicht feststellen. Dazu lägen keine Informationen vor, heißt es bei Reuters.
Nach Angaben des Finanzministeriums sind BaFin-Mitarbeiter verpflichtet, private Finanzgeschäfte offenzulegen und durch die Fachvorgesetzten genehmigen zu lassen. Damit soll sichergestellt werden, dass zu den privaten Transaktionen keine Kenntnisse über Insiderinformationen vorliegen. Rund ein Fünftel der Beschäftigten habe 2019 und im ersten Halbjahr 2020 private Wertpapiergeschäfte angezeigt.
Es bleibt ein Beigeschmack
Die BaFin, ihr Chef Felix Hufeld und Finanzminister Olaf Scholz, dessen Ministerium die Finanzaufsichtsbehörde unterstellt ist, stehen wegen ihrer Rolle im Wirecard-Skandal seit längerem in der Kritik. Konkret geht es dabei um die Frage, warum der mutmaßliche Bilanzbetrug des DAX-Konzerns so lange unbemerkt blieb. Vieles deutet inzwischen auf ein kollektives Versagen der Behörden hin. Meldungen über die Zockerei von BaFin-Mitarbeitern sind da Wasser auf die Mühlen von Opposition und Kritikern.