Im Bilanzskandal bei Wirecard sind zuletzt weitere Details bekanntgeworden, die ein Fehlverhalten der Behörden nahelegen. Laut Medienberichten habe die Anti-Geldwäsche-Einheit des Zolls in der Vergangenheit bereits Verdachtshinweise im Zusammenhang mit dem Zahlungsabwickler erhalten – aber nicht weitergegeben.
Nach Recherchen von Süddeutscher Zeitung und NDR habe die sogenannte Financial Intelligence Unit (FIU) des Zolls zahlreiche Verdachtshinweise bekommen. Davon sei aber nur ein Bruchteil an die zuständigen Strafverfolgungsbehörden weitergegeben worden.
Die FIU prüft bei Verdacht auf Geldwäsche oder Terrorismusfinanzierung. So sind zum Beispiel Banken zu einer Meldung an die Behörde verpflichtet, wenn sie Hinweise auf solche illegalen Geschäfte haben.
Erneute Prüfung in anderem Licht
Früher eingegangene Meldungen bezüglich Wirecard würden im Lichte der neuen Erkenntnisse nun erneut geprüft, heißt es in dem Bericht. Dabei gehe es um Hinweise auf Straftaten wie Bilanzfälschung, Betrug, Untreue, Marktmanipulation sowie Insiderhandel – also jene Vorwürfe, die die Staatsanwaltschaft München nun gegen den früheren CEO Markus Braun und weitere Ex-Manager erhebt.
Es seien 97 Meldungen identifiziert worden, „die in möglichem Zusammenhang mit den derzeit erhobenen Vorwürfen“ gegen Wirecard-Mitarbeiter stehen könnten, zitierte der NDR die FIU. Ein FIU-Sprecher bestätigte demnach, dass die Behörde inzwischen zwar 50 Meldungen zu verdächtigen Handlungen an die zuständigen Strafverfolgungsbehörden weitergereicht habe – den Großteil davon allerdings erst nach Bekanntwerden des Wirecard-Skandals.
Die nun erhobenen Vorwürfe gegen Wirecard stünden nicht im Zusammenhang mit dem Kernauftrag der FIU, der darin bestehe, Verdachtsmeldungen im Zusammenhang mit Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung entgegenzunehmen und zu analysieren, erklärte ein Sprecher laut NDR. Die Argumentation der Finanzaufsicht BaFin in der Causa Wirecard lässt grüßen.
Die Wirecard-Aktie verliert derweil weiter an Boden – wohl auch, weil bis zum morgigen Donnerstag eine Entscheidung der Deutschen Börse über den vorzeitigen DAX-Ausschluss des Skandalkonzerns erwartet wird. In diesem Fall müssten auch Fonds, die den Index exakt nachbilden (ETFs), auf die Änderung reagieren und die Aktie verkaufen, was für zusätzlichen Druck sorgen könnte.
Mit Material von dpa-AFX.