Das Bekanntwerden des Bilanzskandals bei Wirecard hat das Unternehmen in die Insolvenz und den Aktienkurs zeitweise um 99 Prozent in den Keller geschickt. Die Ermittler gehen inzwischen sogar davon aus, dass der Zahlungsabwickler bereits seit dem Jahr 2014 betrügt. Die Liste der Vorwürfe gegen den DAX-Konzern wächst.
Wie die Süddeutsche Zeitung (SZ) unter Berufung auf neuer Erkenntnisse der Staatsanwaltschaft München I berichtet, soll Wirecard bereits im Jahr 2014 damit begonnen haben, mit erfundenen Einnahmen die Umsätze künstlich aufzublähen. Der Konzern wird verdächtigt, ab der Jahresbilanz 2015 mit falschen Zahlen gearbeitet zu haben.
Die Finanzaufsicht BaFin und die Wirtschaftsprüfer von EY stehen wegen ihrer Rolle im Wirecard-Skandal schon jetzt in der Kritik. Sollte sich herausstellen, dass beide die Bilanz-Tricksereien knapp fünf Jahr lang nicht erkennen konnten oder wollten, dürften der Druck noch einmal deutlich steigen. Denn internationale Medien berichteten bereits seit dem Jahr 2016 über Ungereimtheiten in der Wirecard-Bilanz.
Untreueverdacht gegen Braun & Co
Laut dem SZ-Bericht ist auch die Liste der Vergehen gewachsen, die die Staatsanwaltschaft Ex-Vorstandschef Markus Braun, Ex-Vorstand Jan Marsalek und weiteren Managern vorwirft: Im Zusammenhang mit unbesicherten Krediten an Unternehmen in Asien im Volumen von 365 Millionen Euro sowie dubiosen Geschäften über eine Briefkastenfirma auf Mauritius, bei denen 315 Millionen Euro abflossen, steht der Verdacht der Untreue im Raum.
Wegen weiterer Delikte, darunter Bilanzfälschung und Manipulation des Börsenkurses, wurde ohnehin bereits die Mitglieder des Top-Managements ermittelt. Während Ex-CEO Braun kurzzeitig in Haft war und nun auf Kaution wieder auf freiem Fuß ist, befindet sich Marsalek weiterhin auf der Flucht. Seine Spur verlor sich vor gut zehn Tagen auf den Philippinen.
Nach dem Insolvenzantrag und den enormen Kursverlusten der vergangenen Wochen können solche Meldungen zu Wirecard niemanden mehr schocken. Die Aktie befindet sich inzwischen fest in der Hand von Spekulanten. Längerfristig orientierte Anleger sollten die Papiere dagegen weiterhin meiden.
Mit Material von dpa-AFX.