Fehlende Milliarden aus dem umstrittenen Drittpartnergeschäft haben Wirecard in die Insolvenz gestürzt. Gegen aktuelle und frühere Vorstände wird ermittelt, einer befindet sich gar auf der Flucht. Kein Wunder, dass Kunden und Partner dem Zahlungsabwickler jetzt den Rücken kehren.
Aldi Süd, einer der prominentesten Wirecard-Kunden, soll bereits einen neuen Partner zur Abwicklung von Kreditkarten-Zahlungen engagiert haben – nämlich den Rivalen Payone. Das berichtet finanz-szene.de und beruft sich dabei auf mehrere Branchen-Insider. Demnach könnte sich auch Aldi Nord nach einem alternativen Abwickler von Kreditkartenzahlungen umsehen. Offiziell bestätigen wollte dies bislang keins der beteiligten Unternehmen.
Bereits in der Vorwoche hatte die Aldi Gruppe gegenüber dem AKTIONÄR erklärt, dass man lediglich Geschäftsbeziehungen zur Wirecard Bank habe. Diese ist bekanntlich nicht insolvent, weshalb die Kunden bis dato problemlos per Kreditkarte bezahlen konnten. Dass das so bleibt, darauf will man sich bei Aldi offenbar nicht verlassen – daher der zügige Wechsel zu Payone.
Die Kooperation mit Wirecard zur Abwicklung von Zahlungen mittels Kredit- und Geschenkkarte für die Aldi Gruppe wurde erst im vergangenen Jahr geschlossen und als Vertrauensbeweis für den bereits damals in der Kritik stehenden Zahlungsabwickler interpretiert.
Update im letzten Absatz!
Allianz zieht die Reißleine
Auch die Allianz zieht Konsequenzen aus dem Bilanz-Skandal bei Wirecard und stellt ihre Bezahl-App „Pay&Protect“ ein, die gemeinsam mit der Wirecard Bank entwickelt wurde und über deren Systeme läuft. Die Allianz ist damit das erste Schwergewicht der deutschen Finanzwirtschaft, das die Einstellung einer Kooperation mit Wirecard öffentlich macht.
Die japanische Softbank, die erst im Vorjahr über eine Wandelanleihe im Volumen von 900 Millionen Euro bei Wirecard eingestiegen war, will die strategische Partnerschaft mit dem Zahlungsabwickler wahrscheinlich ebenfalls aufkündigen (DER AKTIONÄR berichtete). Auch die Kreditkartenriesen Visa und Mastercard erwägen, ihre jeweilige Kooperation mit Wirecard einzustellen.
Der Absprung wichtiger Kunden und Partner ist verständlich, dürfte es für Insolvenzverwalter Michael Jaffé aber nicht leichter machen, im Falle einer Zerschlagung Interessenten für die Einzelteile von Wirecard zu finden – und dabei auch noch akzeptable Preise zu erzielen.
Diese Erkenntnis scheint sich heute auch am Markt durchzusetzen: Nach der kräftigen Gegenbewegung vom Wochenanfang notiert die Wirecard-Aktie am Donnerstag wieder fast 30 Prozent tiefer im Bereich von 3,50 Euro. Mittelfristig sieht DER AKTIONÄR den einstigen Überflieger ohnehin auf dem Weg zum Pennystock.
Update: Alle Tochterfirmen insolvent
Die durch den Bilanzskandal gestrauchelte Wirecard hat nun auch fünf Tochterfirmen finanziell in Mitleidenschaft gezogen. Wie das Münchner Amtsgericht am Donnerstag mitteilte, haben die fünf Unternehmen ebenfalls Insolvenz beantragt. Vorläufiger Insolvenzverwalter ist wie bei der Mutter Wirecard AG der Rechtsanwalt Michael Jaffé.
Alle fünf Töchter sind wie die Wirecard AG im Münchner Vorort Aschheim ansässig, dabei handelt es sich um Firmen, die Dienstleistungen und Software für die Muttergesellschaft anbieten. Dazu zählen etwa die Vertriebs- und Marketinggesellschaft Wirecard Global Sales und die Softwarefirma Wirecard Issuing Technologies.
Mit Material von dpa-AFX.