Die Börse hat innerhalb von sieben Handelstagen die Erfolgsstory Wirecard begraben, der Kurs ist von rund 100 auf 1,45 Euro eingebrochen. Einige von uns können es überhaupt noch nicht fassen, der DAX-Aufsteiger besserer Zeiten hat uns alle enttäuscht.
Da kommt die Nachricht, dass sich ein Topmanager der Wirecard möglicherweise ebenfalls durch Geschäfte mit einem Wirecard-Zertifikat gehörig die Finger verbrannt hat, vielleicht gerade recht. Es geht um den Fall des Aufsichtsratsvorsitzenden Thomas Eichelmann, er hat aufgrund seiner Position in einem Zertifikat der Societe Generale Luxemburg ordentlich „draufgezahlt“.
Aber wie erlangen wir Kenntnis über Eigengeschäfte der Organmitglieder einer Gesellschaft? Die Daten über Geschäfte der Manager werden mit den Pflichtveröffentlichungen der DGAP (Deutsche Gesellschaft für Ad-hoc-Publizität) bereitgestellt, Grundlage ist das Wertpapierhandelsgesetz. Wirecard muss den Erwerb, die Veräußerung von Aktien anzeigen. Ein regulatorisch notwendiger Vorgang, wie ihn alle börsennotierten Unternehmen erledigen.
Im Falle von Aufsichtsrat Eichelmann wurde am 24. Juni angezeigt, dass ihm aufgrund der Position in dem Zertifikat der Societe Generale (Luxemburg) 1.800 Wirecard-Aktien zu einem Preis von 150,90 Euro angedient wurden. Die Emittentin Societe Generale hat aufgrund des Erreichens der Schwelle (großer Kurseinbruch von 38,90 Euro bei der Eröffnung am 19.06., dann abwärts auf 24,10 Euro) ihr Recht ausgeübt.
Konstruktion: Barrier Reversed Convertible Certificate (BRC). Ja, genau dieses Zertifikat hatte Eichelmann erworben! Auch wenn wir den Zeitpunkt des Kaufs nicht kennen, so wissen wir, dass er für das „Stillhalten“ einen Zinskupon von schätzungsweise 12 bis 15 Prozent erhalten haben muss. Dafür aber die Verpflichtung eingegangen ist, bei einem Absturz der Aktie unterhalb die „Barrier“ das Aktienpaket abzunehmen. Die „Barrier“ hatte Societe Generale bei Abschluss des Geschäfts im Juni 2019 auf 25,15 Euro festgelegt. Durch diese Hürde rauschte die Aktie am 19. Juni 2020, etwa gegen 9.28 Uhr, als die Anzeichen für einen Bilanzskandal immer deutlicher wurden.
Die Rechnung fällt einfach aus: Am 22. Juni kaufte Eichelmann notgedrungen 1.800 Wirecard-Aktien zum Preis von 150,90 Euro, d.h. rund 125 Euro über dem am Freitag gehandelten Börsenkurs. Das belegen Daten der DGAP. Bei genauer Durchsicht, kann man also feststellen, hat der Aufsichtsrat ein Minusgeschäft gemacht und rund 226.000 Euro verloren. Das natürlich nur unter der Annahme, er hätte die Aktienposition zum früheren Zeitpunkt nicht durch einen Hedge gesichert.
Für den Fall, dass Eichelmann, die 1.800 Aktien bis zum heutigen Tag nicht verkauft hat, ergibt sich ein Verlust von 268.200 Euro, ohne die vereinnahmten Zinsen auf das Zertifikat gegenzurechnen.
Das zeigt uns: Auch Unternehmenskenner- und lenker können mit strukturierten Produkten viel Geld verlieren. Dabei hatte sich Thomas Eichelmann wohl nicht träumen lassen, dass nach Bruch der 100-Euro-Marke die Wirecard-Aktie sich innerhalb von sechs Tagen im Pennystock-Segment wiederfindet.