Die Finanzaufsicht BaFin hat sich im Betrugsskandal bei Wirecard nicht gerade mit Ruhm bekleckert. Dafür gibt es nun einen Rüffel von der europäischen Wertpapieraufsicht ESMA. Die Anwälte der geprellten Aktionäre wittern derweil nun eine neue Chance.
Im Wirecard -Skandal hat es nach Einschätzung der europäischen Finanzaufsicht ESMA etliche Defizite und Versäumnisse in der deutschen Finanzaufsicht gegeben. Im Rahmen einer Untersuchung seien „eine Reihe von Mängeln, Ineffizienzen sowie rechtlichen und verfahrenstechnische Hindernissen“ identifiziert worden, teilte die Behörde am Dienstag mit. Laut ESMA-Chef Steven Maijoor zeige der Bericht Mängel bei der Überwachung und Durchsetzung der Finanzberichterstattung von Wirecard auf.
Die ESMA kritisiert auch die Nähe der deutschen Finanzaufsicht BaFin zur Politik. Aus der Häufigkeit und dem Detaillierungsgrad der BaFin-Berichte an das Bundesfinanzministerium leitet sie ein „erhöhtes Risiko der Einflussnahme“ durch das Ministerium ab. Auch der zur Aufklärung eingesetzte Untersuchungsausschuss im Bundestag geht der Frage nach, ob und inwieweit Finanzminister Olaf Scholz (SPD) eingeweiht war.
Die Einordnung des ESMA-Berichts hängt hierzulande derweil stark von der Parteizugehörigkeit der Abgeordneten ab. Florian Toncar von der FDP etwa interpretiert sie klar als Kritik an Bundesfinanzminister Scholz. Zudem erhärte sich der Verdacht, „dass Wirecard politischen Schutz genossen hat.“
EY und BaFin im Visier
Neben dem Untersuchungsausschuss dürfte der ESMA-Bericht auch für etwaige Schadenersatzklagen in der Causa Wirecard von Bedeutung sein. Denn Aktionärsschützer und Anwälte der geschädigten Investoren wollen neben dem langjährigen Wirtschaftsprüfer EY auch die BaFin oder den Gesetzgeber in die Haftung nehmen, falls diese ihre Aufsichtspflichten nicht ausreichend nachgekommen sind. Bei Wirecard selbst ist nach der Pleite indes nicht mehr viel zu holen.
Auf den Kurs der Wirecard-Aktie hat das politische und juristische Tauziehen um die Zuständigkeiten in dem Fall keine Auswirkungen mehr. Auf dem aktuellen Niveau ist sie aber ohnehin höchstens noch für Zocker einen Blick wert.
Mit Material von dpa-AFX.