Haben Autoren der Financial Times (FT) mit ihren Negativberichten über Bilanzierung und Geschäftsmodell von Wirecard zu Jahresbeginn gezielt den Aktienkurs manipuliert? Diesen Vorwurf hatte der Zahlungsabwickler im Sommer erhoben und damit eine externe Untersuchung der FT-Berichterstattung angestoßen. Deren Ergebnis liegt jetzt vor.
Die unabhängige Untersuchung durch die Anwaltskanzlei RPC habe keine Ergebnisse geliefert, dass Autoren der Financial Times mit Spekulanten zusammengearbeitet hätten. Das berichtet die Nachrichtenagentur Reuters am Donnerstag und beruft sich dabei auf eine E-Mail von FT-Chefredakteur Lionel Barber an seine Mitarbeiter.
Darin äußert sich Barber zufrieden, dass die zweimonatige Ermittlung keine Bestätigung für die von Wirecard erhobenen Vorwürfe geliefert hätte. „Wir stehen zu unserer Berichterstattung“, so der Chefredakteur.
Vieles Fragen offen
Nach einer Serie von Negativ-Berichten seit Ende Januar hatte der Zahlungsabwickler im Juli den Spieß umgedreht und selbst schwere Vorwürfe gegen die Zeitung und speziell deren Autor Dan McCrum erhoben: Man habe „unwiderlegbare Beweise für eine Zusammenarbeit zwischen Mitarbeitern der Financial Times und Short Sellern“. Diese Anschuldigung hatte FT-Chefredakteur Barber unter Zugzwang gesetzt. Dieser gab letztlich die Untersuchung durch die Kanzlei RPC in Auftrag (DER AKTIONÄR berichtete).
Auch wenn die von der FT selbst initiierte Untersuchung zunächst scheinbar für Entlastung sorgt – ausgestanden ist die Angelegenheit damit noch lange nicht. Denn längst interessieren sich auch die Münchner Staatsanwaltschaft, die Wertpapieraufsicht BaFin und sogar der Deutsche Bundestag für die Angelegenheit. FT-Autor Dan McCrum wird bei den Ermittlungen nach Reuters-Informationen als Verdächtiger geführt.
Zwar stehen bei Wirecard inzwischen wieder operative News im Vordergrund. Der schwelende Zwist mit der FT bleibt aber ein latenter Belastungsfaktor. Das lässt sich auch daran erkennen, dass sich die Wirecard-Aktie trotz der starken operativen Entwicklung und bullishen Analystenkommentaren einfach nicht aus dem monatelangen Seitwärtstrend befreien kann. DER AKTIONÄR bleibt jedoch zuversichtlich und setzt auch im Aktien-Musterdepot sowie dem Real-Depot mittelfristig auf einen Ausbruch nach oben.
Hinweis nach §34 WPHG zur Begründung möglicher Interessenkonflikte: Aktien oder Derivate, die in diesem Artikel besprochen / genannt werden, befinden sich im "Real-Depot" von DER AKTIONÄR.