Corona hat vieles verändert – und viele Branchen mächtig befeuert. Etwa Streaming. Seit die Menschen im Lockdown sehr viel Zeit zu Hause verbringen mussten, boomen Dienste wie Disney+, Netflix und Co noch mehr. Doch 2021 könnten Serienfans einer Durststrecke entgegensehen, weil sich vieles verzögert hat.
Wann platzt die Serienblase? When will the bubble pop?, fragte Anfang des Jahres, noch vor der Corona-Krise, die New York Times. Marktforscher hatten soeben für 2019 allein für die USA die Höchstzahl von mehr als 500 neuen Serienproduktionen bekanntgegeben.
2020 ist für die Serienproduktion ein schwieriges Jahr. Wegen der Corona-Beschränkungen wurden viele Drehs monatelang unterbrochen. Der Unmut der Fans wächst. Das bekommt derzeit Amazon Prime zu spüren. Fans der Action-Staffel „The Boys“ haben mit großem Ärger darauf reagiert, dass Amazon nicht alle Folgen am Stück, sondern jeden Freitag eine neue Folge zeigt.
Mehr Content außerhalb der USA
Wenden sich die Zuschauer also von der Kunstform Serie ab? Womöglich auch deswegen, weil es einfach zu viele Serien gibt?
„Möglicherweise ist es wahr, dass aus den USA, dem Mutterland der modernen Serie, immer weniger Bahnbrechendes kommt“, sagt Timo Gößler, Dozent für Dramaturgie und Serielles Erzählen an der Filmuniversität Babelsberg Konrad Wolf in Potsdam. „Was alle anderen Länder außer den USA betrifft, halte ich den Zenit noch längst nicht für überschritten.“
Gößler weiter: „So viele Themen, Spielfelder, Perspektiven und Narrative sind gerade auch in Deutschland noch gar nicht bearbeitet worden, in Sachen Diversität haben wir zum Beispiel noch gewaltig Luft nach oben."
Außerdem meint der Hochschuldozent, dass der Nachwuchs immer spezieller und besser ausgebildet werde. Junge Autorinnen und Autoren bekommen "viel häufiger als noch vor ein paar Jahren" die Chance, ihre Originalität unter Beweis zu stellen, „ohne sich dabei allzu sehr in althergebrachte starre Strukturen hineinbiegen zu müssen“.
Auch die Hamburger Medienwissenschaftlerin Joan K. Bleicher sieht trotz Corona noch lange kein Ende der Serien. „Die durch eine starke Ausdifferenzierung entstandene Angebotskomplexität zeugt von der konstant bleibenden Bedeutung des seriellen Erzählens im Fernsehen und den Videostream-Plattformen.“ Serielles Erzählen habe nach wie vor Potenzial.
Disney+ ist für Walt Disney ein wichtiges Instrument, das dem Konzern ein gutes Stück weit durch die Krise geholfen hat. Sollten Serien weiter so beliebt bleiben, hat der Dienst noch viel Potenzial. Simon Murray, Analyst von Digital TV Research, erwartet bis 2025 200 Millionen Abonnenten. Bei 100 Dollar Kosten im Jahr ergäbe sich damit, in Relation zu Netflix, ein Wert für Disney+ von 170 Milliarden Dollar. Für den AKTIONÄR bleibt die Disney-Aktie ein Kauf.
(Mit Material von dpa-AFX)