Volkswagen kämpft in China mit schwindenden Marktanteilen und einem scharfen Wettbewerb durch die Newcomer der Branche. Doch jetzt tauchen neue, schwerwiegende Probleme auf: Ein Thema, das eigentlich als abgehakt galt, könnte den Konzern empfindlich treffen – und das zu einem denkbar schlechten Zeitpunkt.
Konkret geht es um das umstrittene VW-Werk in der Region Xinjiang. Die Region wird von Menschenrechtlern seit Jahren genauer beobachtet. Diese werfen China vor, Uiguren und andere muslimische Minderheiten dort in Arbeitslager zu stecken und zur Zwangsarbeit zu zwingen. Auch das VW-Werk stand lange in Verbindung damit. Bis letzten Dezember.
Dort schien es, als könnte der Autohersteller diese Vorwürfe entkräften. Eine von VW beauftragte Prüfung fand „keine Hinweise auf Zwangsarbeit“ im Werk. Diese Nachricht sorgte für eine kurzfristige Erholung der Aktie, da viele ESG-Fonds, die VW zuvor wegen Menschenrechtsbedenken ausgeschlossen hatten, wieder Interesse zeigten. Analysten erwarteten, dass der Abbau der sogenannten „roten Flagge“ durch MSCI in den Nachhaltigkeitsratings zu neuen Investitionen und Kursgewinnen führen würde.
Doch nun wird klar: Die Untersuchung hält internationalen Standards nicht stand. Wie die Financial Times kürzlich berichtete, weist der Auditprozess erhebliche Mängel auf. Vor allem die Interviews mit den Arbeitern – live übertragen und damit alles andere als vertraulich – werden stark kritisiert. Die Untersuchung, auf die VW sich stützte, scheint damit wenig belastbar.
Obwohl das Werk selbst für den Autobauer kaum noch Bedeutung hat – aktuell arbeiten dort nur rund 200 Mitarbeiter, etwa ein Viertel davon Uiguren – könnten die neuen Enthüllungen schwerwiegende Folgen haben. Die Glaubwürdigkeit des Konzerns steht auf dem Spiel, und das ausgerechnet in einem Markt, der für den deutschen Autobauer von zentraler Bedeutung ist. Was im Dezember noch als Entlastung galt, entwickelt sich nun zu einem neuen Krisenherd – mit potenziell weitreichenden Folgen für das ohnehin schon angeschlagene Image.
Volkswagen steckt aktuell bereits tief in der Krise. Die jüngsten Enthüllungen kommen daher zur Unzeit. Im Kurs dürften zwar schon viele der Probleme eingepreist sein. Allerdings ist in der Branche, vor allem aber bei den Wolfsburgern, aktuell keine Besserung in Sicht. Anleger bleiben an der Seitenline.
Hinweis auf Interessenkonflikte
Der Vorstandsvorsitzende und Mehrheitsinhaber der Herausgeberin Börsenmedien AG, Herr Bernd Förtsch, ist unmittelbar und mittelbar Positionen über die in der Publikation angesprochenen nachfolgenden Finanzinstrumente oder hierauf bezogene Derivate eingegangen, die von der durch die Publikation etwaig resultierenden Kursentwicklung profitieren können: Volkswagen Vz..