Die Corona-Pandemie hat die Reisebranche in eine Krise nie gekannten Ausmaßes gestürzt. Von Mitte März bis Mitte Juni konnten die Menschen in Europa fast gar nicht mehr ins Ausland verreisen. Die Sommer-Saison war mehr oder weniger ein Reinfall. Darüber hinaus sind aktuell viele Herbst- und Winterziele mit einem Verbotsschild versehen. TUI ist in schwerer Seenot - und hält sich nur mit Staatshilfen geradeso über Wasser.
Obwohl die TUI-Aktie derzeit optisch so billig ist wie seit acht Jahren nicht mehr, sehen Analysten kaum einen Grund, der einen Einstieg befürwortet. Von den neun im dpa-AFX-Analyser erfassten Branchenexperten, die ihre Einschätzung seit dem Corona-Crash an den Börsen Mitte März erneuert haben, raten sechs dazu, die Papiere abzustoßen. Drei Analysten empfehlen die Papiere zu halten. Kein einziger rät zum Kauf. Im Schnitt schreiben sie der Aktie ein Kursziel von 2,84 Euro zu - mehr als ein Viertel unter dem aktuellen Börsenkurs.
Zudem fallen die Erwartungen zumindest prozentual gesehen deutlich auseinander. Bis auf einen Analysten, der ein Kursziel von 4,50 Euro auf dem Zettel hat, liegen alle unter dem aktuellen Niveau. Analystin Rebecca Lane vom Analysehaus Jefferies bezeichnete die zwischenzeitliche Erholung des Kurses im Frühsommer bereits im Juni als nicht gerechtfertigt. Als Grund nannte sie den Liquiditätsbedarf, der auf den Konzern zukommt. TUI könne die hohe Verschuldung langfristig nicht tragen.
Dabei kam der zweite Staatskredit über 1,2 Milliarden Euro, den sich TUI im August sicherte, für die meisten nicht überraschend. Analyst Jamie Rollo von der US-Investmentbank Morgan Stanley hatte dem Konzern bereits im Mai - also nach dem ersten Staatskredit - eine Deckungslücke von mehr als einer Milliarde Euro attestiert. Daher drohe eine gewaltige Kapitalerhöhung, schrieb er - und strich sein Kursziel von 13 Euro sogar auf 1,30 Euro zusammen.
Allerdings konnten die Analysten noch nicht wissen, dass einige Regierungen schon wenige Wochen nach dem Wiederanlaufen des Urlaubsgeschäfts neue Warnungen erlassen würden - was die missliche Lage der Touristikbranche wieder verschärfte. Die große Unsicherheit darüber, wie sich das Reisegeschäft in der nächsten Zeit entwickelt, zieht sich als roter Faden durch die Aktienanalysen.
Auch DER AKTIONÄR hat immer wieder auf die unwägbare Corona-Pandemie und die daraus resultierende Unkalkulierbarkeit des Reisegeschäfts hingewiesen. Anleger machen derzeit besser einen Bogen um die TUI-Aktie und befassen sich vielmehr mit aussichtsreicheren Aktien.
(Mit Material von dpa-AFX)