Wirecard hat neuen juristischen Ärger am Hals: Anlegerschützer werfen dem Unternehmen vor, Zahlungen für illegale Geschäfte abgewickelt zu haben – und klagen jetzt. Es ist nicht das erste Mal, dass der Zahlungsdienstleister wegen zwielichtiger Kunden in die Schlagzeilen gerät.
Laut einem Handelsblatt-Bericht (Paywall) erhebt die Wiener Anlegerschutzorganisation „European Funds Recovery Initiative“ (EFRI) schwere Vorwürfe gegen Wirecard. Im Zentrum stehen „Finanztransfers in Zusammenhang mit mutmaßlich betrügerischen Online-Trading-Webseiten sowie für illegale Online-Gambling-Webseiten in beträchtlichem Ausmaß.“
Derartige Geschäfte sollen „seit vielen Jahren ungehindert und ungestraft“ über den Zahlungsabwickler gelaufen sein. Wirecard habe somit „den mutmaßlichen Betrug an Tausenden europäischen Kleinanlegern“ ermöglicht, so die EFRI. Zudem stehen Geldwäschevorwürfe im Raum.
Die Anlegerschützer vertreten nach eigenen Angaben gut 780 Opfer betrügerischer Online-Trading-Webseiten und beziffern den Schaden ihrer Mandanten auf 28 Millionen Euro. „Wir haben den Verdacht auf Geldwäsche Mitte Februar gegenüber der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht, der Staatsanwaltschaft München und der Europäischen Zentralbank angezeigt“, erklärt EFRI-Mitgründerin Elfriede Sixt gegenüber der Zeitung.
Die Geschäftsbeziehungen zu einem der dubiosen Trading-Portale, der Banc de Binary, hatte die Süddeutsche Zeitung (SZ) bereits im Dezember 2019 thematisiert (DER AKTIONÄR berichtete). BaFin und Münchner Staatsanwaltschaft hat den Eingang der Anzeige gegenüber der Zeitung bestätigt. Letztere prüfe nun die Einleitung von Ermittlungen.
Wirecard dementiert
Das Unternehmen selbst hat die Anschuldigungen gegenüber dem Handelsblatt zurückgewiesen: „Wirecard unterstützt in keiner Weise unlizenzierte Online-Trading- oder Gambling-Seiten. Wirecard lässt in diesen Bereichen ausschließlich Unternehmen mit gültiger, staatlicher Lizenz auf ihrer Plattform zu. Zudem führt die Wirecard Bank AG bei Annahme solcher Kunden eine Hintergrundrecherche durch mit dem Ziel, unseriöse Trading-Plattformen zu identifizieren und von der Annahme auszuschließen.“
Bei glaubhaften Hinweisen auf betrügerische Aktivitäten erstatte die Wirecard Bank AG Geldwäscheverdachtsmeldungen und löse in diesem Zusammenhang auch die Geschäftsverbindungen auf, so das Unternehmen weiter. Das sei auch im aktuellen Fall geschehen, bestätigte Wirecard ohne weitere Details zu nennen.
Immer wieder Ärger mit früheren Kunden
Keine Panik!
Auch wenn neuer juristischer Ärger das Letzte ist, was Wirecard derzeit brauchen kann: Die Anleger reagieren am Mittwochmorgen relativ gelassen auf den Zeitungsbericht. Nach deutlichen Vortagesgewinnen von über vier Prozent startet die Wirecard-Aktie nahezu unverändert in Xetra-Handel.
DER AKTIONÄR setzt unter anderem im Aktien-Musterdepot auf eine Fortsetzung des Comebacks.
Hinweis nach §34 WPHG zur Begründung möglicher Interessenkonflikte: Aktien oder Derivate, die in diesem Artikel besprochen / genannt werden, befinden sich im "Real-Depot" von DER AKTIONÄR.