Dreist! Nach der Klatsche auf der Hauptversammlung, auf der Anleger alles ablehnten, was von der von einem Milliarden-Bilanzskandal schwer erschütterten Retail-Holdinggesellschaft kam, ist immer noch keine Einsicht oder ernsthafte Verhandlungsbereitschaft in Sicht. Im Gegenteil: Steinhoff will nun offenbar gezielt den Anlegerwillen umgehen.
Steinhoff hatte nach der Hauptversammlung, wie berichtet (siehe weiterführende Beiträge am Artikel-Ende), ein Restrukturierungsverfahren nach niederländischem Recht (WHOA) eingeleitet. Dabei wurde mehr oder weniger der gleiche Quasi-Enteignungsvorschlag, gegen den Anleger auf der Hauptversammlung unter Führung der Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger (SdK) mit einer klaren Mehrheit gestimmt hatten, noch einmal vorgelegt.
Gläubiger und Aktionäre können über den vorgelegten Sanierungsplan vom 10. bis 23. Mai abstimmen. Die SdK hat in einem öffentlichen Schreiben darauf hingewiesen, es sei „von enormer Bedeutung, dass die Gruppe der Aktionäre den Sanierungsplan ablehnt. Sollte hier wieder erwarten eine Zustimmung erfolgen, würde dies unsere Position deutlich schwächen und die Wahrscheinlichkeit deutlich erhöhen, dass der Sanierungsplan in Anschluss an die Abstimmung vom Gericht angenommen wird.“
Allerdings hat Steinhoff diesmal offenbar eine Schikane in das Abstimmungsverfahren eingebaut, für das voraussichtlich wieder ein Nachweis der Depotbank reicht. Die SdK merkt dazu jedenfalls an: „Dieser muss jedoch diesmal in englischer Sprache verfasst sein. Wieso man trotz breiter Aktionärsbasis in Deutschland im Gegensatz zur Hauptversammlung im März diesmal anscheinend keine auf Deutsch verfassten Dokumente akzeptiert, kann sich jeder selbst ausmalen.“ Die SdK lasse die publizierten Abstimmungsdokumente derzeit noch von Anwälten prüfen.
Nachdem die SdK auf der Hauptversammlung mehr als die Hälfte der Stimmen repräsentierte und vor allem die deutschen Kleinanleger im Verbund mit der SdK weiterhin gegen das Vorgehen Steinhoffs und der Gläubiger opponieren, sieht es nun so aus, als würde Steinhoff versuchen, deutschen Anlegern die Abstimmung diesmal etwas zu erschweren. Die Fronten dürften damit verhärtet bleiben und es gilt weiterhin: Es bleibt ein zäher, intransparenter Prozess. Das Totalverlustrisiko ist enorm.