Die Deutsche Lufthansa kommt weiterhin nicht recht auf die Beine. Europas größte Airline-Gruppe steckt mitten in einem Strukturwandel, muss die Kosten senken, die Effizienz steigern. Doch der Luftverkehr in Deutschland fällt im EU-Vergleich weiter zurück. Das hilft der Lufthansa-Aktie natürlich nicht wirklich.
Der Bundesverband der Deutschen Luftverkehrswirtschaft (BDL) schlägt Alarm. Rekordhohe Standortkosten lassen Deutschlands Luftverkehr im EU-Vergleich weiter zurückfallen, ausländische Fluggesellschaften machen einen großen Bogen um hiesige Flughäfen. BDL-Präsident Jens Bischof sieht darin ein Problem für die gesamte deutsche Wirtschaft: "Um den Rückstand aufzuholen und die Anbindung der deutschen Wirtschaft an die Märkte im Ausland sicherzustellen, müsste der Luftverkehr in Deutschland deutlich stärker wachsen als im restlichen Europa."
Doch in die im europäischen Vergleich deutlich höheren staatlichen Standortkosten in Deutschland schrecken ab. Zuletzt wurde die Luftverkehrsteuer zum 1. Mai 2024 um rund 25 Prozent erhöht. Zusammen mit den zuletzt stark gestiegenen Luftsicherheits-Abgaben sowie zu einem kleineren Anteil auch den Flugsicherungs-Gebühren haben sich die staatlichen Gebühren in Deutschland seit 2020 annähernd verdoppelt: Steuern und Abgaben summieren sich bei einem typischen Mittelstreckenflug innerhalb Europas inzwischen auf ein neues Rekordhoch von rund 30 Euro pro Passagier.
Ab 2025 wird es noch teurer. Der maximale Gebührensatz für die Luftsicherheitskontrolle steigt dann von 10 auf 15 Euro je Passagier. Die Abgaben spielen bei der wirtschaftlichen Ergebnisrechnung der Fluggesellschaften eine wichtige Rolle.
Deutschlands größter Flughafen-Betreiber Fraport hat gerade seine Prognose für die Passagierzahlen gesenkt. Man erwartet im Gesamtjahr 2024 nur noch die untere Hälfte der bislang angepeilten Spanne von 61 bis 65 Millionen Passagieren. Auch Lieferengpässe bei Boeing-Flugzeugen für den Fraport-Hauptkunden Lufthansa sind daran schuld.
Die Airline sucht derweil neue Einnahmequellen. So speckt die Lufthansa ihre 'Economy Light'-Tickets weiter ab. Ab nächstem Dienstag ist die Platzreservierung im Basistarif auch auf der Langstrecke kostenpflichtig. Lufthansa erhebt dann auf Langstrecken-Flügen eine Gebühr für Wunschsitze an Bord. Diese konnten bislang auch im Basistarif beim Check-in kostenfrei ausgewählt werden. Künftig wird eine Gebühr von 28 Euro pro Platz und Flug fällig. Ausgenommen sind lediglich Vielflieger mit Senator- oder HON-Status.
Bereits im Juni wurde bekannt, dass die Lufthansa ab Januar 2025 einen Teil der Kosten für Umweltauflagen in der EU an ihre Kunden weitergeben will. Die Höhe variiert dabei nach Flugstrecke und Tarif. Bis zu 72 Euro (in der First Class) könnten die Flüge dann mehr kosten.
Hinzu kommen auf europäischer Ebene zunehmende Wettbewerbs-Verzerrungen durch das EU-Klimaschutzpaket 'Fit for 55', erläutert der BDL. Dieses sieht eine steigende Beimischung von nachhaltigen Kraftstoffen (SAF) zum fossilen Kerosin vor – beginnend mit zunächst zwei Prozent im Jahr 2025. Die Luftverkehrswirtschaft befürwortet zwar grundsätzlich eine SAF-Quote als Klimaschutz-Instrument. SAF ist jedoch bislang sehr knapp – und drei bis fünf Mal teurer als herkömmlicher Kraftstoff.
Diese Kostendifferenz führt auf Langstreckenflügen insbesondere von Europa nach Afrika und Asien zu erheblichen Wettbewerbsnachteilen für die europäischen Carrier. Sie müssen das teurere SAF für die gesamte Strecke tanken. Dagegen brauchen Airlines mit Umsteige-Drehkreuz außerhalb der EU – etwa in Dubai, Katar oder Istanbul – SAF nur für das erste, weitaus kürzere Teilstück von einem EU-Flughafen bis zu ihrem Hub am Persischen Golf oder in der Türkei beimischen. Dies bedeutet einen jährlich steigenden erheblichen Kostenvorteil für diese Airlines.
Die Lufthansa-Aktie kommt vor diesem Hintergrund auch am Donnerstag nicht vom Fleck. Zur Mittagszeit notiert der MDAX-Wert via Xetra bei 5,58 Euro 1,3 Prozent unter Vortag.
Ein Investment drängt sich derzeit weder bei der Aktie von Deutsche Lufthansa noch von Fraport auf.
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Hinweis auf Interessenkonflikte
Der Vorstandsvorsitzende und Mehrheitsinhaber der Herausgeberin Börsenmedien AG, Herr Bernd Förtsch, ist unmittelbar und mittelbar Positionen über die in der Publikation angesprochenen nachfolgenden Finanzinstrumente oder hierauf bezogene Derivate eingegangen, die von der durch die Publikation etwaig resultierenden Kursentwicklung profitieren können: Deutsche Lufthansa.