KI-Hoffnungsträger und Short-Squeeze-Titel C3.ai hat gestern zu einer Investorenkonferenz eingeladen. Neue Produkte oder signifikante Vertragsabschlüsse wusste das Unternehmen allerdings nicht vorzustellen, Analysten zeigen sich nach dem Event unbeeindruckt. Droht der Aktie jetzt der Absturz?
Angesichts des gewaltigen Vertrauensvorschusses, die Aktie hat sich seit Jahresanfang verdreifacht, hatten CEO Thomas Siebel und C3.ai auf ihrem Investorentag gestern vergleichsweise wenig Neues zu bieten. Nachdem die Ausführungen zur Zukunft Künstlicher Intelligenz und des Plattform-Modells von C3.ai vor allem allgemeiner Natur waren, blieb das Unternehmen konkrete Datenpunkte insbesondere zur Monetarisierung schuldig. Davon zeigten sich die anwesenden Analysten unbeeindruckt.
Tolles Produkt, aber fehlende finanzielle "Visibility"
Bei Morgan Stanley hat man Äußerungen dazu vermisst, ab wann C3.ai profitabel zu werden gedenkt; alleine im letzten Quartal wies das Unternehmen einen Verlust von 65 Mio. Dollar aus. Bei D.A. Davidson zeigte man sich zwar vom Produkt und seinen vielen potenziellen Anwendungsfällen beeindruckt, sieht dessen Potenzial aber bereits durch das aktuelle Kursniveau angemessen widergespiegelt. Auch bei der Deutschen Bank blieb man ungerührt: Es fehle gegenüber anderen KI-Plattformen an Alleinstellungsmerkmalen. Entsprechend überschaubar fielen die Kursziele mit 20, 30 und 16 Dollar aus.
Ausgehend vom bei knapp 49 Dollar markierten Verlaufshoch hat die Aktie innerhalb von nur fünf Tagen bereits 30 Prozent an Wert verloren. Damit erübrigt sich die Frage nach einem baldigen Crash - die Aktie ist bereits mittendrin! Geht es nach dem Analystenkonsens, bei insgesamt zwölf abgegebenen Einschätzungen kommt C3.ai nur zweimal auf "Kaufen", dafür aber sechsmal auf "Halten" und viermal auf "Verkaufen", ist das erst die Hälfte der Miete gewesen: Das durchschnittliche Kursziel liegt bei überschaubaren 25,70 Dollar - das entspricht einem weiteren Abwärtspotenzial von 25 Prozent.
Verluste für den Moment nicht überbewerten
Die Kursverluste der vergangenen Tage müssen aber erstens auch im Zusammenhang mit der jüngsten Schwäche des Gesamtmarktes sowie zweitens der hohen Leerverkaufsquote in der Aktie gesehen werden. Mit einem Beta von 1,5 ist C3.ai gegenüber Gesamtmarktverlusten besonders empfindlich und bildet diese in aller Regel deutlich stärker ab. Dieser Effekt wird verstärkt durch das außergewöhnlich hohe Interesse von Shortsellern. 35 Prozent aller ausstehenden Anteile sind leerverkauft. Das trägt mit zu einer weit überdurchschnittlichen Schwankungsfreude bei.
Solange C3.ai auf dem Kurszettel von Leerverkäufern ganz weit oben steht, dürften irre Kursbewegungen selbst in kürzester Zeit an der Tagesordnung bleiben - im Zweifel völlig unabhängig vom Newsflow und vornehmlich in Abhängigkeit von den Entwicklungen am Gesamtmarkt. Sobald der US-Markt also wieder geringfügig nach oben zeigt, könnte C3.ai erneut durch die Decke gehen. Mit einer Normalisierung des Kursgeschehens ist hier mittelfristig nicht zu rechnen, Investorentag und Analysten-Ratings hin oder her!
Angesichts der großen Schwierigkeit, für das Geschäft von C3.ai einen fairen Wert zu ermitteln, das zeigt auch die enorme Spanne der Kursziele, eignet sich das Papier weiter eher für Trader, als für Investoren. Wer bereits investiert ist, arbeitet mit Stopps, etwa bei 30 Dollar, und zieht diese regelmäßig nach. Das gilt umso mehr für Anleger, die vergleichsweise spät auf den Hype-Train aufgesprungen sind.