„Der deutsche Leitindex bleibt tendenziell weiterhin im Sinkflug“, so Martin Utschneider vom Bankhaus Donner & Reuschel. Die Angst vor einer weiteren Eskalation im Ukraine-Krieg sowie die Sorge vor den Auswirkungen der Wirtschaftssanktionen und den Folgen der steigenden Energiepreise drückt weiter auf die Stimmung. In diesem Umfeld fällt es schwer, auf Aussichten und Chancen bei der Infineon-Aktie zu blicken.
Im abgelaufenen Geschäftsjahr, das am 30. September 2021 endete, wurde mit elf Milliarden Euro der höchste Umsatz der Konzerngeschichte erzielt. Dabei hat sich der Gewinn auf 1,17 Milliarden Euro mehr als verdreifacht. Nach dem Jahresauftakt erhöhte der Konzern die Prognose für das laufende Geschäftsjahr: Infineon erzielt rund zwei Drittel seiner Erlöse in Dollar. Der Umsatz soll bei einem Wechselkurs von 1,15 (zuvor 1,20) 13 Milliarden Euro erreichen, das sind 300 Millionen mehr als bisher erwartet. Die operative Marge soll um einen Prozentpunkt mehr als bisher auf 22 Prozent (Vorjahr: 18,7 Prozent) steigen.
Der Halbleiterbedarf ist nach wie vor deutlich höher als das Angebot. Seit Monaten bremst der Chipmangel weltweit das Wirtschaftswachstum. Die Gründe sind vielschichtig, die Auswirkungen eindeutig. Die Lieferengpässe belasten das Geschäft von Infineon vor allem dort, wo der Konzern auf Zulieferer angewiesen ist. Die Auftragsfertiger wie TSMC (Taiwan) stehen für 30 Prozent des Umsatzes. Hier könnten die Engpässe bis Ende des Kalenderjahres belasten. Bei den Halbleitern, die Infineon selbst herstellt, vor allem Leistungshalbleiter und Sensoren, dürfte der Konzern dagegen schon im Sommer wieder weitestgehend lieferfähig sein. Anteil daran hat auch das in Rekordzeit für 1,6 Milliarden Euro gebaute Werk in Villach (Österreich).
Die Orderbücher sind prall gefüllt. Der aktuelle Auftragsbestand von 31 Milliarden Euro (2021 Q4: 29 Milliarden Euro/2021 Q1: 13 Milliarden Euro) entspricht dem Umsatzvolumen von mehr als zwei Geschäftsjahren. Selbst wenn ein paar der unbestätigten Aufträge noch wegfallen: Die Kapazitäten für die kommenden zwölf Monate sind ausgebucht.
Infineon generiert mittlerweile über 20 Prozent seiner Umsätze in China, das damit weit vor Deutschland (elf Prozent), den USA (zehn Prozent) und Taiwan (acht Prozent) der größte Absatzmarkt für den Konzern ist. Russland spielt mit einer Vertriebseinheit in Moskau eine untergeordnete Rolle.
Energie wird hauptsächlich in Form von Strom bei allen Schritten der Halbleiterherstellung aufgewendet. Primäre Energiequellen, wie Öl und Gas, spielen nur eine untergeordnete Rolle. Infineon hat sich zudem verpflichtet, ab 2025 ausschließlich 100 Prozent erneuerbare Energien zu nutzen.
Wie alle Technologiewerte hat auch die Infineon-Aktie zuletzt bereits unter der sich abzeichnenden Zinswende gelitten. Hier hat die Aktie mit dem jüngsten Rücksetzer aber schon einiges eingepreist. In diesem Zusammenhang rückt nun die nächste Sitzung der US-Notenbank am 16. März in den Fokus.
Infineon hat seine Hausaufgaben gemacht. Der Konzern sollte die Lieferkettenprobleme daher ganz gut managen können. Vorstand Reinhard Ploss plant in der Regel recht konservativ. Hellt sich das Marktumfeld wieder auf, dürfte die Aktie wieder den Vorwärtsgang einlegen. Anleger sollten sich von der jüngsten Kursentwicklung daher nicht aus der Ruhe bringen lassen, den Blick nach vorne richten und an der Aktie festhalten.