Gold 1.900 Dollar. Mittlerweile pendelt der Goldpreis schon einige Wochen rund um diese Marke. Sicher, alle würden Gold gerne weiter steigen sehen. Doch bei einem Goldpreis von 1.900 Dollar verdienen nahezu alle Goldproduzenten prächtig. Das dritte Quartal dürfte für viele Produzenten in finanzieller Hinsicht zum Rekordquartal werden. Die zeitweiligen Corona-Schließungen sind abgeschüttelt, die Kosten liegen je nach Produzent zwischen 800 und 1.000 Dollar und die Marge ist entsprechend hoch. Doch der Markt scheint das komplett zu ignorieren.
Das überrascht und verstört gleichzeitig. Sicher, bislang haben uns fast nur Vorab-Produktionszahlen erreicht. Die Finanzzahlen stehen bei vielen Produzenten noch aus. Doch einige haben bereits den Cashbestand mit den Produktionszahlen geliefert. Ein Beispiel: Kirkland Lake Gold. Zum Ende des Quartals hatte der Konzern 848 Millionen Dollar in der Kasse. Das waren 58 Prozent mehr als noch zum Ende des zweiten Quartals. Ein erstaunlicher Zuwachs an Cash, bedenkt man, dass das Unternehmen auch noch Dividende bezahlt. Ein Teil (rund 109 Millionen Dollar) geht auf den Verkauf einer Beteiligung an Osisko Mining zurück. Doch selbst wenn man diesen Betrag rausrechnet zeigt sich: Kirkland Lake Gold ist eine Cashmaschine. Bleibt der Goldpreis zwischen 1.800 und 1.900 Dollar im vierten Quartal, dann dürfte Kirkland Lake das Jahr mit einem Cashbestand von über einer Milliarde Dollar abschließen. Und der Konzern ist schuldenfrei.
Kirkland Lake ist keine Ausnahme. Auch andere Konzerne werden ihren Cashbestand kräftig nach oben schrauben. Barrick Gold hatte angekündigt, bis zu Beginn des kommenden Jahres netto schuldenfrei zu sein. Ja, Barrick Gold, der Konzern, dem manch einer vor rund fünf Jahren bereits das Aus prophezeit hat angesichts der hohen Nettoverschuldung. Die gesamte Branche befindet sich in einem Transformationsprozess. Waren die Konzerne einst verrufen als Geldvernichtungsmaschinen, so hat man aktuell die Lizenz zum Gelddrucken. Oder, wie es ein Analyst kürzlich bei Kitco sagte: Das Geld kommt den Konzernen aus den Ohren wieder heraus.
Doch warum ignoriert der Markt das? Verstehen Sie mich nicht falsch. Die Aktien der Goldproduzenten sind über den Sommer hinweg nach oben geklettert. Manch eine Aktie hat mehr als 100 Prozent seit dem März-Tief gemacht. Doch das Gros ist deutlich niedriger bewertet als 2011 als der Goldpreis letztmalig so hochstand. Und das, obwohl sich die finanzielle Situation deutlich gebessert hat und die Konzerne keine waghalsigen Übernahmeabenteuer getätigt haben. Warum also sind die Papiere nach wie vor so günstig?
Manch einer mag argumentieren: Der Markt fürchtet, der Goldpreis könnte wieder einbrechen. Das klingt auf den ersten Blick logisch. Doch erinnern wir uns zurück an den Bärenmarkt 2013 bis 2015. Sind da die Goldaktien gestiegen oder zumindest nicht gefallen als der Goldpreis in die Knie gegangenen ist, nur in dem Glauben, der Goldpreis könnte wieder steigen? Nein? Richtig. Warum also sollte es nun genau umgekehrt sein? Und selbst wenn der Goldpreis im kommenden Jahr noch einmal Richtung 1.600 Dollar korrigieren sollte, dann würden die Unternehmen noch immer prächtig verdienen und die Bilanzverbesserungen wären noch immer da. Warum also steigen die Aktien nicht?
Richtig ist, viele Generalisten unter den Institutionellen Anlegern, also diejenigen, die in jede Anlageklasse investieren können, sind nach wie vor fokussiert auf Big Tech. Niemand will am Ende des Jahres erklären, weshalb er Newmont und nicht Apple oder Microsoft im Depot hatte. Privatanleger folgen zum Großteil dem Trend, blicken häufig nicht über den Tellerrand hinaus. Goldaktien interessieren meist nur dann, wenn der Goldpreis steigt. Doch diese eklatante Unterbewertung vieler Produzenten wird sich auflösen. Eine Neubewertung des gesamten Sektors ist überfällig. Und die Zahlen, die in den kommenden Wochen eintrudeln werden, sollten zu gut sein, um einfach ignoriert zu werden.
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