Airbus-Chef Guillaume Faury spekuliert trotz der Krise des US-Rivalen Boeing vorerst nicht auf einen Auftragsboom für den europäischen Flugzeugbauer. "Wir profitieren kurzfristig nicht von der Boeing-Krise", sagte Faury am Donnerstag bei der Bilanzvorlage in Toulouse. Das liege auch daran, dass die Produktion des Airbus-Mittelstreckenjets der A320neo-Modellfamilie inzwischen bis ins Jahr 2025 ausgebucht sei. Bei den Auslieferungen der Flieger liege Airbus derzeit noch ein halbes Jahr hinter den Zeitplänen zurück. Diesen Rückstand will Faury binnen 18 Monaten aufholen.
Die A320neo ist das Konkurrenzmodell des modernisierten Boeing-Modells 737 Max, das nach zwei Abstürzen mit insgesamt 346 Toten seit rund elf Monaten weltweit nicht mehr abheben darf. Boeing rechnet damit, dass das Flugverbot erst Mitte des Jahres aufgehoben wird. Die Entscheidung liegt allerdings bei den zuständigen Behörden.
Wie sich die Neubestellungen bei Airbus in diesem Jahr entwickeln, könne man angesichts dieser unklaren Lage schwer einschätzen, sagte Faury. Er wäre "glücklich", wenn sich die Zahl der neu bestellten Flugzeuge und der Auslieferungen in etwa die Waage hielten. Airbus will 2020 insgesamt rund 880 Verkehrsmaschinen ausliefern, das wären nur 17 mehr als im Vorjahr.
Beim Ausbau der Flugzeugproduktion geht das Management um Faury vorsichtiger vor als die frühere Konzernführung. Ab dem Jahr 2021 sollen monatlich 63 Maschinen der A320- und A320neo-Familie die Werkshallen verlassen. Bis zum Jahr 2023 sollen es 65 bis 67 werden.
Die Aktie ist zuletzt unter Druck geraten, nachdem das Unternehmen mit den jüngsten Quartalszahlen, die am Donnerstag vorgelegt wurden, die Erwartungen der Anleger nicht ganz erfüllen konnte. Zudem müssen sich Investoren mit einer geringer als erhofften Dividenden begnügen. Am heutigen Freitag ist das Papier mit einem Minus von 1,4 Prozent sogar der größte Verlierer im MDAX. Nichtsdestotrotz ist Airbus sehr stark aufgestellt, die Auftragslage stimmt. Eine wichtige charttechnische Unterstützung stellt die 200-Tage-Linie dar. Anleger sichern ihre Position mit einem Stopp bei 111 Euro nach unten ab.
(Mit Material von dpa-AFX)