Der enttäuschende Ausblick des Lieferdienstes sorgte am Donnerstag für einen Crash. Die Aktie von Delivery Hero sackte auf Xetra um 30,4 Prozent ab auf den niedrigsten Stand seit November 2019. Mehrere zuvor äußerst positive Analysten senken nun ihre Kursziele, halten ihre Kaufempfehlungen aber noch aufrecht. Die Börse sieht das anders: Die Talfahrt des DAX-Werts setzt sich fort.
Im frühen Xetra-Handel fällt die Aktie von Delivery Hero um weitere 13 Prozent auf 40,30 Euro (siehe Chart). Die Marktkapitalisierung ist auf etwa 11,5 Milliarden Euro gefallen. Zu besten Zeiten waren es mal 36 Milliarden.
Der Essenslieferdienst, nach dem Wirecard-Skandal im Sommer in den DAX aufgerückt, hat 2021 vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) einen Verlust von 781 Millionen Euro gemacht, fast ein Drittel mehr als im Vorjahr. Und das wird im laufenden Geschäftsjahr nicht viel besser. Auch für 2022 erwartet Delivery Hero weitere Verluste.
Selbt die erneuerten Kaufempfehlungen gleich mehrerer Banken sorgen heute nicht für eine Gegenbewegung bei dem DAX-Wert. JPMorgan, Barclays und Bernstein haben zwar ihre Kursziele auf 80 bis 107 Euro zurückgeschraubt, raten aber unverändert zum Kauf der Aktien des Essenslieferanten. Goldman Sachs sieht statt bisher 150 Euro nun 130 Euro als Ziel.
Die Erfolgsgeschichte des Unternehmens sei mittlerweile "vor Herausforderungen" gestellt, schreibt etwa Andrew Ross von der Investmentbank Barclays. Delivery Hero agiere in einem Umfeld, in welchem "der Markt stark wachsende, aber verlustreiche Anlagen nicht mehr liebt". Nun komme es vor allem darauf an, dass das Unternehmen im Verlauf des zweiten Halbjahres die Profitabilität hochfahren kann.
Die Analysten der LBBW haben die Lieferdienst-Aktie gestern sogar hoch gestuft – von 'Halten' auf 'Kaufen'. Das Kursziel wurde von 85 Euro auf 64 Euro gesenkt. Lediglich die Bank of America und Bryan Garnier haben ihre Votings für Delivery Hero von 'Buy' auf 'Hold' gesenkt.
(Ergänzung) Die DZ Bank hat den fairen Wert für Delivery Hero deutlich von 94 auf 50 Euro gekappt und die Einstufung auf 'Halten' belassen. Die Expansionspläne des Essenslieferdienstes und die damit verbundenen Ausgaben zwängen die Anleger dazu, ihre Schätzungen kräftig nach unten anzupassen", schrieb Analyst Manuel Mühl in einer aktuellen Studie. Das aktuelle Börsenumfeld gebe keinen Spielraum für Fehler. Das Unternehmen müsse nun unbedingt einen klaren Pfad zur Profitabilität aufzeigen und das Vertrauen am Markt zurückgewinnen.
Gabor Steingart, Chef von ThePioneer, schreibt in seinem Morning Briefing angesichts des Herdentriebs unter den Delivery-Hero-Analysten von einer Blamage. Schon vor dem Höhepunkt hatten insgesamt 13 Analysehäuser zum Kauf geraten, drei zum Halten – aber niemand zum Verkaufen. Diese Gleichförmigkeit sei nicht beruhigend, sondern verdächtig. Delivery Hero habe seit seinem DAX-Aufstieg keine Erfolge geliefert. Angesichts des immensen Werts, der gerade vernichtet wird, schreibt er von "Delivery Zero".
DER AKTIONÄR hat um die Aktien von Essenslieferanten wie Delivery Hero einen großen Bogen gemacht. Wenn selbst in Corona-Zeiten trotz steigender Umsätze keine positiven Nettoergebnisse zustande kommen, wird das nach Ende der Pandemie wohl nicht leichter. Die Verluste des Bringdienstes und der aktuelle Ausverkauf an der Börse zeigen, dass das Geschäftsmodell auf wackeligen Rädern steht. Meiden!
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(Mit Material von dpa-AFX)