Vor etwa zwei Wochen sorgten die Makro-Analysten einer führenden deutschen Bank mit ihrer Studie zu den Auswirkungen der Coronavirus-Epidemie auf die Wirtschaft weltweit für Aufsehen. Seitdem ist viel passiert. Das öffentliche Leben in Deutschland und anderen Ländern ist auf ein Minimum begrenzt worden. Der DAX 40 Prozent seines Wertes verloren. Die Experten gestehen, die Lage unterschätzt zu haben. Ihre Prognose ist einfach nur niederschmetternd.
Die Coronavirus-Pandemie hat die Experten von Deutsche Bank Research um Global Head of Economic Research Peter Hooper veranlasst, ihre globalen Wachstumsprognosen für die erste Jahreshälfte "erheblich nach unten zu korrigieren". In einem Mittwochabend erschienen Update prognostizieren sie einen regelrechten Einbruch der Wirtschaftsleistung im zweiten Quartal.
Hooper und sein Team schreiben: "Wir gehen nun davon aus, dass das reale BIP im zweiten Quartal um 24 Prozent (SAAR) in der Eurozone (28 Prozent in Deutschland) und 13 Prozent in den USA zurückgehen wird." Diese Werte liegen außerhalb jeder Norm. Die größten vierteljährlichen Rückgänge des BIP in den USA während der großen Rezession von 1980 und der großen Finanzkrise 2008-09 lagen in der Größenordnung von 8 Prozent (SAAR). Der bisherige Rekord wurde Recherchen des Teams zufolge im ersten Quartal des Jahres 1958 aufgestellt. Damals wurde ein Rückgang um 10 Prozent festgestellt.
Deutsche Wirtschaft wird besonders hart getroffen
Dass sich die Deutsch-Banker mit ihrer Einschätzung nicht leicht getan haben, liegt auf der Hand. Kaum jemand kann derzeit wirklich einschätzen, welche Folgen der Shutdown haben wird. Daher legen sie offen: "Wir können nicht genug betonen, wie unsicher diese Situation ist und wie unsicher unsere Prognosen sind. Wir sind zuversichtlich zu sagen, dass der wirtschaftliche Schock tief greifend sein wird." Das Bruttoinlandsprodukt in der Eurozone soll den Berechnungen zufolge in diesem Jahr um 3 bis 4 Prozent schrumpfen. Deutschland aber werde die Rezession angesichts seiner größeren Exposition gegenüber dem verarbeitenden Gewerbe härter treffen. Hier erwarten die Analysten einen Rückgang der Wirtschaftsleistung im Bereich von 4 bis 5 Prozent. Hoffnungsschimmer dabei: "Wir glauben weiterhin, dass sich die Rezession auf das zweite Quartal konzentrieren wird, und dass die Wirtschaft im zweiten Halbjahr wieder wachsen dürfte."
"In Deutschland erwarten wir angesichts der noch nie dagewesenen Einschränkungen für das öffentliche Leben - die noch vor einer Woche fast unmöglich schienen - und der weit verbreiteten Schließung "nicht essentieller" Teile der Industrie, des Handels und des Dienstleistungssektors nun einen massiven Rückgang des BIP im zweiten Quartal zwischen 6 und 10 Prozent." Sollte es so kommen, wäre dies ein wesentlich größerer Einbruch als etwa im vierten Quartal 2008 und im ersten Quartal 2009, als die Leistung zusammengenommen um 6,3 Prozent schrumpfte. Damals erreichte die Weltfinanzkrise infolge der Pleite der US-Investmentbank Lehman Brothers ihren Höhepunkt.
Erstmals trifft es alle Bereiche
Die Begründung für die Annahme, der Einbruch würde größer ausfallen, liefert das Hooper-Team mit: "Damals hatte der Industriesektor die Hauptlast des Einbruchs des Welthandels zu tragen, während der größte Teil des Dienstleistungssektors nur indirekt über negative Einkommens- und Vertrauenseffekte betroffen war. Diesmal wird der Industriesektor erneut betroffen sein, wie die angekündigten Fabrikschließungen der meisten großen europäischen Autohersteller zeigen."
Die nochmals nach unten revidierte Prognose der DB-Research-Experten ist vor allem eines: Niederschmetternd. Vor allem die deutsche Wirtschaft dürfte übermäßig von der Coronavirus-Pandemie getroffen werden. Wer die Zahlen und Prognosen jedoch genau liest, erkennt auch einen Hoffnungsschimmer. Nachdem China die Ausbreitung inzwischen in den Griff bekommen hat, erwartet Deutsche Bank Research jetzt eine massive Verbesserung im zweiten Quartal. Sollte die Eindämmung auch in Deutschland nach der Einführung drakonischer Maßnahmen zur Eingrenzung des öffentlichen Lebens gelingen, könnten die düsteren Prognosen obsolet werden.