Nachdem der Dow Jones am Donnerstag den gemessen in Punkten schlimmsten Tagesverlust seiner Geschichte erlebte und damit eine katastrophale Serie fortsetzte, blicken Anleger hierzulande gebannt auf sein deutsches Pendant: Dem DAX droht der Sell-off – ein schwarzer Freitag. Die Coronavirus-Krise artet aus zur schnellsten Korrektur aller Zeiten.
Der meist beachtete Aktienindex der Welt strauchelt inzwischen bedenklich. Der Dow Jones hat innerhalb weniger Tage 11,1 Prozent an Wert verloren, am Donnerstag den schlimmsten Verlust seiner Geschichte hingenommen. Nie zuvor war er gemessen in Punkten stärker gefallen als an diesem 27. Februar 2020. Dramatischer als dieser einzelne Tage ist nur noch der Umstand, dass es bereits der dritte Rekordtag innerhalb von nur einer Woche gewesen ist.
Die Angst geht um
In diesem Zusammenhang blicken Anleger auch auf den Volatilitätsindex der Chicagoer Optionsbörse. Er ist auf den höchsten Stand seit 2011 geschossen, legte allein am Donnerstag um 42,1 (!) Prozent auf 39,16 Punkte zu. Auch der deutsche VDAX war am Donnerstag rapide gestiegen. Er gewann 35,2 Prozent und schloss bei 32,70 Punkten. Höher stand er zuletzt Anfang 2018.
Schnellste Korrektur aller Zeiten
Experten der Deutschen Bank haben errechnet, dass es sich am US-Aktienmarkt um die schnellste 10-Prozent-Korrektur ausgehend von einem Allzeithoch aller Zeiten handelt. Dafür werteten sie Daten zum S&P 500-Index aus. Der breiter gefasste US-Index hat für den Sturz lediglich sechs Tage gebraucht. Zum Vergleich: 1987 dauerte es rund 40 Tage, bis der Index ausgehend vom Hoch zehn Prozent verlor.
Technisch angeschlagen
Der DAX gilt aktuell als angeschlagen. Der Sturz unter die Marke von 13.000 Punkten, das Unterschreiten wichtiger Durchschnittslinien (200 und 50) – all das macht den Index nun anfällig für weitere Verluste. Sollte jetzt auch noch der Aufwärtstrend im Bereich von 12.000 Zählern fallen – nachhaltig – dürfte sich der Sell-off unvermindert fortsetzen.
Coronakrise eskaliert
Entscheidend dafür, ob der DAX zum Wochenschluss dem Druck standhält, wird indes sein, wie die Marktteilnehmer die Zuspitzung in der Krise um die Ausbreitung des Coronavirus auch in Deutschland bewerten. Am Donnerstag wurden weitere Infizierungen gemeldet, unter anderem in Bayern und Baden-Württemberg. Insgesamt gab es am Donnerstagabend 30 bestätigte Fälle in Deutschland. Die Zahl hat sich damit innerhalb eines Tages nahezu verdreifacht. Auch in Frankreich ist die Zahl der Erkrankten sprunghaft von 18 auf 38 angestiegen. In den Niederlanden wurde ein erster Fall gemeldet.
Anzeichen der Entspannung werden ignoriert
In einem TV-Interview beim US-Sender Fox hatte Apple-CEO Tim Cook am Donnerstag davon gesprochen, China würde den Virus und dessen Ausbreitung inzwischen in den Griff bekommen. Dafür sprechen auch offizielle Zahlen der chinesischen Regierung. Ihnen zufolge stieg die Zahl erfasster Infektionen zwar zuletzt auf rund 78.500. Allerdings hat sich die Zahl der täglich berichteten neuen Fälle deutlich reduziert.
Auf eine erste Entspannung im Ursprungsland der Epidemie deutet auch eine Meldung des Volkswagen-Konzerns von Anfang der Woche hin: Nach einem Produktionsstopp in China wegen des neuen Coronavirus hat Volkswagen die meisten Werke wieder in Betrieb genommen.
Meldungen wie diese werden allerdings bisher ignoriert. Der Markt fällt und steigt mit neuen Meldungen zu Infektionen in Deutschland und Europa.
Die Stimmung am Markt ist auch am Freitag angespannt. Mit schwachen Vorgaben kämpfend dürfte der DAX deutlich leichter in den Tag starten. Der Broker IG taxierte den DAX knapp drei Stunden vor Xetra-Handelsstart auf 11.896 Punkte und damit rund 3,8 Prozent tiefer als am Donnerstag. Verselbstständigt sich die Eskalation mit Meldungen über einen sprunghaften Anstieg der Infektionen in Deutschland oder umliegenden Ländern, könnte es am Aktienmarkt zu einem Sell-off kommen.