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15.03.2020 Leon Müller

Corona-Crash: Deutschland im Shutdown-Modus – Börsen könnten schließen

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DAX

Die Fallzahlen steigen: Immer mehr Menschen in Deutschland infizieren sich mit dem neuartigen Coronavirus SARS-CoV-2. Was noch vor Tagen nur beiläufig diskutiert wurde, ist inzwischen flächendeckend beschlossen: In der gesamten Bundesrepublik bleiben die Schulen mit Beginn der neuen Woche geschlossen. Die Einschränkung des öffentlichen Lebens wird nicht Halt machen bei den Schulen. In Kürze könnte das ganze Land – und damit auch die Börsen – stillstehen.

Schulen und KiTas: dicht. Veranstaltungen mit mehr als 50 Teilnehmern – ob öffentllich oder privat – in Berlin unter Anwendung des Infektionsschutzgesetzes untersagt. Die Grenzen zu Dänemark im Norden und Polen im Osten: geschlossen. Die Spirale aus Abschottung und Einschränkung des öffentlichen Lebens dreht sich seit dem Wochenende auch in Deutschland immer schneller. Zuvor hatten bereits Italien, Österreich, Teile Spaniens und Frankreichs ähnliche oder noch drastischere Maßnahmen ergriffen.

Frankreich schließt Läden und Restaurants

Frankreich beschleunigt seine Bemühungen zur Eindämmung der Ausbreitung. Am Samstag kündigte Frankreichs Premier Édouard Philippe an, dass alle Restaurants, Bars und Läden geschlossene blieben. Apotheken und Lebensmittelgeschäfte oder Banken hingegen sollen weiter geöffnet bleiben. Frankreich hat ähnlich viele Infizierte wie das Nachbarland Deutschland. Philippe gestand ein, dass die bisherigen Maßnahmen angesichts der weiter steigenden Fallzahlen nicht ausreichend gewesen seien. Selbst der öffentliche Verkehr soll nun eingeschränkt werden. Laut Aussage des nationalen Gesundheitsdirektors Jérôme Salomon gelte in dem Land nun "Stufe 3" und damit die höchste Stufe im Kampf gegen Epidemien.

Deutschland könnte dem Beispiel Frankreichs folgen

Deutschland reagierte zunächst zögerlich auf die steigenden Infektionszahlen in der Bundesrepublik. Durch die föderalistische Struktur kam es zudem zu surrealen Situationen. Während die Schulen in einem Landkreis geschlossen blieben, waren sie im benachbarten geöffnet. Ganz zu schweigen von der unterschiedlichen Handhabung derartiger Maßnahmen zwischen den einzelnen Bundesländern. Inzwischen haben sich alle von ihnen für die vorläufige Schließung aller Bildungseinrichtungen ausgesprochen. Dennoch: Nach wie vor wird nicht alles überall gleich gehandhabt. Berlin ist am Samstag vorgeprescht. Der Regierende Bürgermeister der Millionenmetropole, Michael Müller, teilte per Twitter mit, dass alle öffentlichen und nicht-öffentlichen Veranstaltungen mit mindestens 50 Teilnehmern ab sofort untersagt seien.

Berlin geht damit unter allen Bundesländern am entschiedensten vor und schränkt das öffentliche Leben am stärksten ein. Es ist wahrscheinlich, dass alsbald weitere Länder nachziehen werden, so, wie es schon im Falle der Schulschließungen der Fall gewesen ist.

Der erste Fall des neuartigen Coronavirus (SARS-CoV-2) wurde in Deutschland am 28. Januar in Bayern registriert. Bundesweit werden bis zum 13. März 2.369 Corona-Infektionen gemeldet.

Börsen könnten schließen, Handel geht weiter

Die Auswirkungen der Corona-Krise sind an den Finanzmärkten stark zu spüren, in Deutschland ebenso wie im Rest der Welt. Seit Montag, den 24. Februar 2020, befinden sich die Kurse im freien Fall, über nahezu alle Asset-Klassen hinweg. An dem Wochenende vor Beginn des bis heute andauernden Corona-Crashs wurde das Ausmaß der Corona-Verbreitung erstmals auch in Europa sicht- und spürbar. Italien hatte aufgrund stark steigender Infiziertenzahlen Teile Norditaliens abgeriegelt. Bis heute ist es Italien nicht gelungen, die Ausbreitung einzudämmen.

Die Zahl der durch das Coronavirus infizierten Personen in Italien steigt seit Ende Februar 2020 rasant an. Ein erstmaliges Auftreten der neuartigen Lungenkrankheit COVID-19 in Italien erfolgte am 28. Januar 2020, indem bei zwei erkrankten chinesischen Touristen in Rom das Virus nachgewiesen wurde.

Von der Ergreifung immer drastischerer Maßnahmen in Deutschland könnten am Ende auch die Börsenplätze betroffen sein. Die Deutsche Börse in Frankfurt gewährt seit Freitag Gästen und Personen ohne Dauer-Akkreditierung für den Handelssaal keinen Zugang mehr zu ebenjenem. Gleichzeitig hat der Börsenbetreiber die Präsenzpflicht für die Händler vor Ort gelockert. Wer die Möglichkeit hat, kann von einer anderen Lokation aus seiner Arbeit nachgehen. Noch in der ersten Woche des Crashs hatte DER AKTIONÄR bei allen wichtigen Börsenbetreibern nachgefragt, wie sie im Falle des Falls reagieren würden. Wichtigste Erkenntnis für Anleger: Der Handel wird ungehindert weiter gehen. Alle Betreiber haben Notfallpläne und werden diese ggfs. umsetzen. Heißt: Selbst wenn die lokalen Börsen dichtmachen, geht der Handel über die Computersysteme weiter.

Keine Unterbrechung des Börsenhandels zu erwarten

Nur weil die Kurse mitunter heftig fallen, besteht kein Grund zur dauerhaften Unterbrechung oder Aussetzung des Handels. "Limit down"-Regeln verhindern, dass die Kurse ins Bodenlose sinken. Wenn die Kurse in kurzer Zeit stark sinken, wird der Handel für einige Minuten unterbochen, ehe er kurze Zeit später fortgesetzt wird. Solche Unterbrechungen können sich binnen eines Handelstages mehrfach wiederholen.

Die letzte nennenswerte größere Aussetzung des Handels fand nach den Anschlägen vom 11. September 2001 statt, als die Wall Street vier Tage lang ihre Pforten schloss. Bei Wiederaufnahme des Handels am 17. September 2001 stürzten die Notierungen ab, allerdings weniger stark als zuvor angenommen wurde.
DAX (WKN: 846900)

DAX mit schnellstem 30-Prozent-Sturz der Geschichte

Solange der Handel weiterläuft, müssen sich Anleger auf unverändert hohe Schwankungen einrichten. Am Donnerstag erlitt der DAX den höchsten Ein-Tages-Verlust seiner Historie. Das deutsche Börsenbarometer verlor im Laufe der Sitzung über zwölf Prozent. Die Wegstrecke von Allzeithoch (auf Schlusskursbasis) bis zum Erreichen einer 30-prozentigen-Korrektur legte der DAX innerhalb von nur 17 Handelstagen zurück und damit so schnell wie nie zuvor. Im Zuge der Weltfinanzkrise, die ihren Höhepunkt in der Pleite der US-Investmentbank Lehman Brothers fand, betrug die Zeitspanne noch 311 Tage. Beim Platzen der Dotcom-Blase lagen zwischen Allzeithoch und Erreichen einer 30-prozentigen-Korrektur 268 Tage.

DER AKTIONÄR
Die Grafik gibt Aufschluss darürber, wie lange zwischen Erreichen eines neuen Allzeithochs (auf Schlusskursbasis) und einem Rückfall um 30 Prozent ausgehend von diesem vergangen sind. 2007 betrug diese Zeitspanne 311 Tage. 1998 – der bisher schnellsten 30-Prozent-Korrektur – benötigte der DAX 54 Handelstage für diese Wegstrecke. Jetzt beim Corona-Crash stellte er mit 17 Handelstagen einen neuen Rekord auf.

Corona-Krise stellt Unternehmen vor neue Herausforderungen

Die Einschränkung des öffentlichen Lebens in Deutschland, insbesondere das Verbot von Veranstaltungen, macht auch vor börsennotierten Gesellschaften nicht Halt. Erste Unternehmen haben ihre bevorstehenden Hauptversammlungen bereits abgesagt respektive verschoben. Aus freien Stücken oder aber weil ihnen Verfügungen des Staates keine andere Wahl ließen. Stand jetzt droht eine Verschiebung der HV-Saison hinein in den Sommer. Allein bis Ende April würden regulär zehn DAX-Unternehmen ihre Hauptversammlungen abhalten. Zwei von ihnen haben die Aktionärstreffen bereits abgesagt.

Die Wahrscheinlichkeit eines Shutdowns in Deutschland ähnlich wie in Frankreich steigt mit jedem Tag, mit dem die Fallzahlen in die Höhe schnellen. Die Auswirkungen auf die Wirtschaft sind kaum zu abzuschätzen. An den Börsen indes bedeutete bisher das Erreichen jeder neuen Stufe auf der Eskalationsleiter zusätzliche Turbulenzen. Folglich müssen Anleger auch in der neuen Woche mit weiteren Wirren rechnen. Zumal der Handel – entgegen erster Forderungen von Investoren – ungehindert fortgesetzt wird. Die deutschen Aufsichtsbehörden haben sich bis zuletzt dafür ausgesprochen, Leerverkäufe nicht zu verbieten. Anders als in Spanien und in Italien.

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