Der Staat ist nicht der bessere Unternehmer. Diese Aussage hat sicher viel Wahres. Gerade im Hinblick auf die zahlreichen Hilfsmaßnahmen des Bundes während der Pandemie lebt die Diskussion über Staatsbeteiligungen wieder auf. Bei der Commerzbank stellt sich diese Frage seit Jahren, allerdings dreht sich nun das Blatt in eine ungewohnte Richtung.
Nach der Finanzkrise war es dem Bund wichtig, die Gehälter bei Banken, die 2008/09 mit Staatsgeld gerettet wurden, im Zaum zu halten. Zudem sorgte man sich um die Stabilität der Institute. Doch neben der Kapitalausstattung ist die Profitabilität auch entscheidend. Dort tat sich bei der Commerzbank seit zehn Jahren aber nicht mehr viel. Seit dem verfehlten Strategieupdate des Geldhauses unter CEO Martin Zielke im Herbst 2019 ist man in den Berliner Behörden anscheinend nun in Aufruhr. Zu spät, könnte man sagen.
Bund mischt immer stärker mit
DER AKTIONÄR hatte mehrfach in den vergangenen Monaten über das Gutachten der Bosten Consulting Group (BCG), das im Auftrag des Bundes erstellt wurde, berichtet.Das am wenigsten radikale Sanierungskonzept entspricht in etwa dem letzten Plan von CEO Zielke, bevor er aufgab. 10.000 Stellen, also ein Viertel aller Jobs, sollten gestrichen werden. Der neue Aufsichtsratschef Hans Jörg Vetter scheint nun die Interessen des Bundes stärker durchzusetzen als jede Führungskraft vor ihm. Vetter setzt dabei wieder auf die BCG-Berater.
Unmut wächst deutlich
Mittlerweile rumort es gewaltig in der Commerzbank. Davon zeugt nicht nur, dass neben Zielke auch Aufsichtsratschef Stefan Schmittmann im Sommer hinschmiss. Zahlreiche weitere Topmanager haben den Konzern verlassen, zuletzt Firmenkundenchef Roland Boekhout. „Die Sorge in der Bank ist groß, dass wir zum Spielball der Politik werden und dass am Ende die Strategie nicht mehr im Vorstand gemacht wird, sondern zu großen Teilen von Berlin aus“, sagt ein langjähriger Commerzbanker gegenüber dem Handelsblatt.
Zu lange nichts gemacht
Für den Bund ist die Rolle insgesamt nicht leicht: Zu lange hat man gezögert und nur auf gesellschaftlich opportune Ziele bei der Commerzbank geachtet. Die Corona-Pandemie beschleunigt allerdings die Zwickmühle bei der Bank. Da die letzten Jahre nur halbherzig gehandelt wurde, hilft jetzt nur noch ein größerer Schnitt. Kapitalseitig ist das für die Commerzbank machbar, größer sind Umsetzungsrisiken auf Ebene des Managements.
Insgesamt gibt es aber großes Potenzial was die Effizienz und Rentabilität angeht. DER AKTIONÄR setzt darauf, dass ein Teil davon im kommenden Jahr realisiert werden kann. Aktuell verliert die Aktie weiter, nachdem auch Sorgen um einen harten Brexit wieder zunehmen und die gestrigen EZB-Beschlüsse auf eine ausgedehnte Zeit niedriger Zinsen hindeuten.
Neueinsteiger warten ab, bis die Volatilität wieder abnimmt, der Stopp liegt bei 4,00 Euro.
Hinweis auf Interessenkonflikte:
Der Vorstandsvorsitzende und Mehrheitsinhaber der Herausgeberin Börsenmedien AG, Herr Bernd Förtsch, ist unmittelbar und mittelbar Positionen über die in der Publikation angesprochenen nachfolgenden Finanzinstrumente oder hierauf bezogene Derivate eingegangen, die von der durch die Publikation etwaig resultierende Kursentwicklung profitieren: Commerzbank.
Aktien von Commerzbank befinden sich im AKTIONÄR-Depot.