Eine neue Branchenstudie zum deutschen Bankenmarkt von Moody‘s hat gestern die Aktien der hiesigen Finanzinstitute stark durchgeschüttelt. Mit größeren Kursverlusten gingen auch die Papiere der Commerzbank aus dem Handel. Doch was steht in der Studie, sind minus fünf Prozent Kursabschlag für die Aktie gerechtfertigt?
In den vergangenen Jahren versuchten viele Banken dem Druck der Niedrigzinsen durch eine Ausweitung des Geschäfts, also einer erhöhten Kreditvergabe, zu entkommen. Moody's erwartet, dass das in Zukunft nicht mehr gelingen wird, um nicht in die Verlustzone zu rutschen. Auch sei die Ertragsschwäche bei deutschen Banken stark ausgeprägt. Setze man den Nettogewinn in Relation zur Höhe der risikogewichteten Aktive (RWA), so habe der Schnitt der mit einem Moody‘s-Rating ausgestatteten Institute im Jahr 2019 bei 0,78 Prozent der RWA gelegen. Das berichtet die Börsen-Zeitung mit Bezug auf die Studie. Die Wettbewerber in der Eurozone hätten durchschnittlich 1,13 Prozent erreicht.
Sparen und noch mehr sparen
Der Hauptgrund sei die schlechte Kosteneffizienz der deutschen Institute. Zudem sei die Aktivaproduktivität ebenfalls niedrig. Der gangbarste Weg sind für Moody’s Kosteneinsparungen, um in einem Szenario niedriger Zinsen und unterdurchschnittlichem Wirtschaftswachstum in den kommenden Jahren zu bestehen. Die Ratingagentur legt den Finger in die Wunde, die Missstände bei vielen deutschen Banken sind nicht zu leugnen, sondern seit Jahren bekannt.
Absturz übertrieben
Viele Probleme, die in der Moody’s-Studie angesprochen werden, treffen sicherlich auch auf die Commerzbank zu. So drehte man beispielsweise in den letzten Jahren den Kredithahn auf, anstatt die Kosten unter Kontrolle zu bringen. Allerdings steht die Commerzbank gerade erst vor der wahrscheinlich größten Sanierung ihrer jüngeren Geschichte. Beim gestrigen Ausverkauf wurde das aber nicht berücksichtigt. Viele Kritikpunkte, die Moody’s für den kompletten Bankensektor in Deutschland anführt, wird die Commerzbank wohl ohnehin in ihre neue Strategie aufgenommen haben.
Der Kurssturz gestern war übertrieben, Anleger sollten sich nicht verunsichern lassen. Allerdings ist die Aktie unter die Unterstützung bei 5,55 Euro gerutscht. Erst Kurse über dieser Marke sollten wieder zum Kauf genutzt werden. Wer investiert ist, bleibt dabei und beachtet den Stopp bei 4,00 Euro.
Hinweis auf Interessenkonflikte:
Der Vorstandsvorsitzende und Mehrheitsinhaber der Herausgeberin Börsenmedien AG, Herr Bernd Förtsch, ist unmittelbar und mittelbar Positionen über die in der Publikation angesprochenen nachfolgenden Finanzinstrumente oder hierauf bezogene Derivate eingegangen, die von der durch die Publikation etwaig resultierende Kursentwicklung profitieren: Commerzbank.
Aktien von Commerzbank befinden sich im AKTIONÄR-Depot.