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15.07.2024 Martin Mrowka

Boeing: Neue Hoffnung bei der 'Triple Seven'

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Boeing

In einer Woche startet auf dem Farnborough Airfield südwestlich von London die große Airshow 2024. Im Vorfeld der Luftfahrt-Messe meldet US-Konzern Boeing, dass nun endlich mit der Zertifizierung seines lange verzögerten Langstrecken-Flugzeugs 777-9 begonnen wurde. Analysten äußern sich zuversichtlich zur ziemlich zerrupften Boeing-Aktie.

Boeing hat nach jahrelangen Verzögerungen endlich mit den Flugtests für die Zertifizierung seiner 777-9 begonnen. In Anwesenheit der US-Luftfahrtbehörden FAA wurde am vergangenen Freitag ein erster Flugtest durchgeführt hat, nachdem das Flugzeug die Genehmigung zur Musterprüfung (Type Inspection Authorization – TIA) erhalten hatte, teilte Boeing in einer per E-Mail übermittelten Erklärung mit.

Die 777-9 ist Teil des 777X-Projekts zur Modernisierung des Großraumflugzeugs Triple Seven. Das Projekt befindet sich seit 2013 in der Entwicklung, wurde jedoch mehrfach aufgehalten, unter anderem durch Verzögerungen bei der Zertifizierung. Die Genehmigung für die Musterprüfung erfolgt nun, nachdem die FAA die technischen Daten geprüft hat. Dieser Meilenstein ermöglicht es den FAA-Piloten, an den Flugtests teilzunehmen, die für die Zulassung des Flugzeugs für den normalen Betrieb erforderlich sind. 

Boeing erklärte, dass die Testflotte der 777-9 die gründlichsten kommerziellen Flugtests durchlaufen werde, die der Flugzeughersteller je durchgeführt habe. Der Vorstandsvorsitzende von Emirates, dem größten Kunden des Flugzeugs, hatte im Mai gesagt, er erwarte die Zulassung nicht vor dem ersten Quartal 2025.

Direkt vor der am 22. Juli beginnenden Farnborough Airshow ist der Zertifizierungsstart ein gutes Signal. Zumal Boeing Insidern zufolge kurz vor einem milliardenschweren 777-Auftrag aus Südkorea steht. Korean Air könnte rund zwei Dutzend 777X-Jets im Wert von etwa vier bis sechs Milliarden Dollar kaufen, verlautete am vergangenen Donnerstag aus Branchenkreisen. Eine Vereinbarung könnte schon auf der britischen Luftfahrt-Messe abgeschlossen werden. 

Die größte Fluggesellschaft Südkoreas führt seit Monaten Gespräche über eine mögliche Rückkehr zu ihrem traditionellen Lieferanten von Langstrecken-Flugzeugen, nachdem sie im März überraschend 33 A350-Jets beim europäischen Boeing-Rivalen Airbus bestellt hatte. "Wir sind mit den Herstellern im Gespräch, aber noch ist nichts bestätigt", sagte ein Sprecher der Fluggesellschaft laut Reuters.

Insgesamt steht die bevorstehende Farnborough Airshow für Boeing dieses Jahr ganz im Zeichen der eigenen Sicherheits- und Qualitätskontrolle. Dementsprechend hat der US-Flugzeughersteller seine Präsenz und sein Programm für die Messe Ende des Monats reduziert. Es wird keine 737-Max-Maschine ausgestellt, bei der mit geplanten Auslieferungen in den Jahren 2025 und 2026 neue Verzögerungen zwischen drei und sechs Monaten angekündigt wurden. Die einzige Präsenz werde die Boeing 787-9 ('Dreamliner') von Qatar Airways sein, teilte Boeing mit.

Analysten optimistisch

Die kanadische Bank RBC hat die Einstufung für die Boeing-Aktie auf "Outperform" mit einem Kursziel von 210 US-Dollar belassen (aktuell etwa 181 Dollar, siehe Chart). Der GD50 verläuft bei 181,30 Dollar.

Eine Branchenumfrage zum Wartungsgeschäft in der Luftfahrtindustrie habe im zweiten Quartal eine deutliche Verbesserung gegenüber dem ersten Quartal aufgezeigt, schrieb Analyst Ken Herbert in einer aktuellen Studie. Airbus und GE hätten jüngst auf Probleme in den Lieferketten hingewiesen. Die Stärke im Segment Wartung kompensiere aber schwache Auslieferungen neuer Triebwerke.

Auch die US-Investmentbank Goldman Sachs ist optimistisch und hat die Einstufung für Boeing nach Auslieferungszahlen für Juni auf "Buy" mit einem Kursziel von 243 Dollar belassen. Analyst Noah Poponak betonte am vergangenen Mittwoch, die Bestellungen für neue Flugzeuge seien zwar gering ausgefallen. Allerdings bleibe der Auftragsbestand für neue Flugzeuge weiterhin groß. Bei den Auslieferungen sei erkennbar, dass Boeing nach der Konzentration auf die Verbesserung der Produktqualität im ersten Halbjahr damit beginne, sich wieder stärker auf die Nachfrage auszurichten.

Boeing (WKN: 850471)

Derweil bangt Boeing weiterhin um zwei Nasa-Astronauten, die wegen der problembehafteten Starliner-Kapsel möglicherweise noch bis Mitte August im All auf der ISS bleiben müssen. Die am 6. Juni begonnene Testmission sollte etwa eine Woche dauern. Doch fehlerhafte Triebwerke und eine Reihe kleiner Heliumlecks bremsen das Abdocken aufgrund Sicherheitsbedenken bislang. Am Mittwoch teilte die Nasa mit, dass sie immer noch Tests durchführt, um sicherzustellen, dass die Kapsel wie erwartet funktioniert.

Boeing kämpft an mehreren Fronten um Qualitätsverbesserungen für eine Stabilisierung seiner Geschäfte. Die eingeleiteten Maßnahmen inklusive Führungswechsel werden jedoch Monate bis Jahre in Anspruch nehmen. Mit großen Sprüngen ist bei der Boeing-Aktie daher kaum zu rechnen.

DER AKTIONÄR bevorzugt weiterhin den großen europäischen Konkurrenten Airbus, der allerdings ebenfalls mit geschäftsbremsenden Verzögerungen (etwa Triebwerks-Zulieferer) zu kämpfen hat.

Hinweis auf Interessenkonflikte:
Der Chefredakteur dieser Publikation, Herr Leon Müller, ist unmittelbar und mittelbar Positionen über die in der Publikation angesprochenen nachfolgenden Finanzinstrumente oder hierauf bezogene Derivate eingegangen, die von der durch die Publikation etwaig resultierenden Kursentwicklung profitieren können: Boeing.

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