Manche kennen das Problem. Ältere Geschwister müssen manchmal auch die Dummheiten der Jüngeren ausbaden. Dies wiederfuhr nun auch dem Bitcoin. Für den Kursrutsch am Mittwochabend könnte nämlich der kleine Bruder Bitcoin Cash (BCH) mitverantwortlich sein. Dieser stellte selbst etablierte Handelsbörsen vor Herausforderungen.
Ein kurzer Rückblick: Nach der Hard Fork am ersten August 2017 beschlossen die BCH-Entwickler alle sechs Monate eine Hard Fork durchzuführen. Dabei muss es auch nicht immer in einer „Gabelung“ der Blockchain enden. Ist sich die Community einig, kommt es lediglich zu einem Upgrade des Protokolls, einen neuen Coin gibt es nicht. Nach dem letzten Hard Fork im Mai, als die Blockgröße auf 32 Megabyte (MB) erhöht wurde, stand nun für den 15. November das nächste Protokoll-Upgrade an.
Die neuen Verbesserungsvorschläge des Protokolls von Amaury Sechet stieß jedoch auf Kritik. Dem Entwickler wurde vorgeworfen sich von der Vision Satoshi’s zu entfernen. Unter dem Namen SV (Satoshi’s Vision) bildete sich dann auch die Widerstandsgruppe, angeführt von Craig Wright. Der „Bitcoin Jesus“ Roger Ver setzte sich unter dem Namen ABC für die Vorschläge von Amaury Sechet ein. Der Streit uferte immer weiter aus, bis sich die ehemalige Freundschaft zu einer erbitterten Feindschaft entwickelte.
Es brach ein Hash-Krieg aus. Entscheidend, welcher Coin sich durchsetzen wird, ist die Hash-Rate. Also die Rechen-Power, die die jeweiligen Lager aufbringen können. Hierbei drohte Wright sogar mit ABC anzugreifen, indem er seine Hash-Power aufwendet, um leere Blöcke zu minen. Dabei werden Blöcke, die Transaktionen beinhalten, ignoriert und somit wird das Netzwerk bei ausreichender Hash-Power lahmgelegt, da keine Transaktionen mehr validiert werden. Sah es anfangs noch nach einer echten Bedrohung aus, da die Hash-Rate von SV deutlich die von ABC überstieg, könnte ABC seine Hash-Rate um die Zeit des Hard Forks noch deutlich erhöhen.
Der aktuelle Stand
Um die Sicherheit des Netzwerkes zu gewährleisten und somit vor Angriffen zu schützen, versuchen beide Lager ihre Hash-Power zu maximieren. Ob es einen Gewinner des Hash-Krieges gibt, darf jedoch bezweifelt werden. Sehr viel wahrscheinlicher ist es, dass aus dem Streit beide als Verlierer hervorgehen. ABC wird auf Binance derzeit bei 237 US-Dollar gehandelt und SV bei 96 US-Dollar. Die Summe liegt deutlich unter dem Wert von Bitcoin Cash einige Wochen zuvor.
Die Verbindung zum Markt-Crash
In den letzten Tagen wurde immer wieder über die Hintergründe der Korrektur spekuliert. Rund dreißig Milliarden US-Dollar Marktkapitalisierung haben sich am Mittwoch innerhalb weniger Stunden in Luft ausgelost. Es ist durchaus möglich, dass der Crash durch die Auswirkungen des Hash-Krieges insbesondere dem Verhalten der großen Krypto-Börsen. verursacht wurde.
Allen voran OKEx, eine in Hong Kong ansässige Krypto-Börse, die täglich Transaktionen in Höhe von rund einer Milliarde US-Dollar abwickelt, sorgte für große Unsicherheit und auch Verluste bei Investoren. OKEx änderte kurzfristig die Bedingung für Future-Kontrakte auf Bitcoin Cash und erwischte damit Trader auf dem falschen Fuß, die von Arbitrage-Geschäften profitieren wollten. In der Pressemitteilung hieß es von OKEx, dass der bevorstehende Hard Fork eine „erhebliche Unsicherheit hinsichtlich der Entwicklung des digitalen Vermögenswertes" verursache und Marktmanipulationen nach sich ziehen könne.
SPECIAL ANNOUNCEMENT: All Bitcoin Cash (BCH) futures contracts will stop trading at 9:05am and be delivered at 10:00am Nov 14, 2018 CET (UTC +1) due to the upcoming hard fork. We will provide a detailed explanation shortly.#OKExAnnouncementhttps://t.co/yh3p46tirc pic.twitter.com/oqioSUOUsf
Der resultierende Kursrutsch von Bitcoin Cash ABC und der Abzug des Kapitals von verärgerten Investoren von der Börse könnten eine Art Kettenreaktion ausgelöst haben. Beispielsweise sprach der Trader Qiao Canghe, der 700.000 US-Dollar durch die unerwartete Ankündigung verlor, davon, Teile seines Vermögens von OKEx abzuziehen. Während der Bitcoin die Unterstützungen bei 6.300 und 6.000 nach unten durchbrach, sorgten Trading-Bots für zusätzlichen Abwärtsdruck.
Die aktuelle Lage zeigt die Nachteile eines jungen, unregulierten Marktes auf. Jedoch ändert dies nichts an dem Potenzial des Bitcoins (BTC) und Kryptowährungen allgemein. Anleger sollten dennoch abwarten, bis sich der Staub gelegt hat und auf neue charttechnische Impulse warten.
Hinweis auf Interessenkonflikt:
Der Vorstandsvorsitzende und Mehrheitsinhaber der Herausgeberin Börsenmedien AG, Herr Bernd Förtsch, ist unmittelbar und mittelbar Positionen über die in der Publikation angesprochenen nachfolgenden Finanzinstrumente oder hierauf bezogene Derivate eingegangen, die durch die durch die Publikation etwaig resultierende Kursentwicklung profitieren: Bitcoin.
Autor Marco Bernegg hält unmittelbar Positionen über die in der Publikation angesprochenen nachfolgenden Finanzinstrumente oder hierauf bezogene Derivate, die durch die durch die Publikation etwaig resultierende Kursentwicklung profitieren: Bitcoin.