Trotz der Corona-Pandemie konnte Aurubis in dieser Woche mit starken Zahlen überzeugen. Die Aktie des Kupferkonzerns ist daraufhin auf ein neues 52-Wochen-Hoch geklettert. Finanzvorstand Rainer Verhoeven zeigt sich im Exklusiv-Interview mit dem AKTIONÄR optimistisch und nimmt Stellung zu den weiteren Aussichten von Aurubis.
Herr Verhoeven, wie ordnen Sie die Zahlen zum abgelaufenen Quartal ein?
Rainer Verhoeven: Unsere Produktmärkte für Draht und Strangguss sowie Flachwalzprodukte sind im vergangenen Quartal erheblich unter Druck geraten. Allerdings konnten wir unsere Hüttenwerke gut mit Vormaterial versorgen und auch die Metallpreise wirkten unterstützend. Somit war das letzte Quartal angesichts der Corona-Krise zufriedenstellend. Durch aktives Management und dank der Widerstandsfähigkeit unseres Geschäftsmodells haben wir mit einem 9-Monats-EBT von 133 Millionen Euro ein sehr ordentliches Ergebnis erzielt. Wir konnten uns gegenüber dem Vorjahreszeitraum um 6 Prozent verbessern.
Wo steht Aurubis bei der Erholung nach dem Corona-Lockdown?
Bisher ist Aurubis erfolgreich durch die Krise gekommen. Vor allem dank der Disziplin unserer Mitarbeiter bei der Einhaltung von Hygiene-Maßnahmen konnten wir die Zahlen der Corona-Infektionen konzernweit geringhalten, und damit unseren Geschäftsbetrieb und unsere Anlagen weitgehend ohne Einschränkungen am Laufen halten.
Im Vergleich zu anderen Unternehmen stehen wir also gut da, was sich nicht zuletzt auch an der Entwicklung unseres Aktienkurses ablesen lässt.
Wir sind von den Entwicklungen der Kupferpreise und der Metallpreise eigentlich nicht abhängig.
Wie abhängig ist Aurubis von der Entwicklung der Kupferpreise? Befürchten Sie noch negative Folgen durch die Corona-bedingte Rezession?
Wir sind von den Entwicklungen der Kupferpreise und der Metallpreise eigentlich nicht abhängig. Generell kann man sagen, dass der Kupferpreis bei Aurubis ein durchlaufender Posten ist, weil wir das Kupfer in unseren Einsatzmaterialien bezahlen und unmittelbar an der Börse absichern. Steigende oder fallende Metallpreise haben vor allem Einfluss auf unseren Umsatz, den wir deswegen nicht als Steuerungsgröße bei Aurubis heranziehen.
Aurubis kauft Kupferkonzentrate aus Minen oder Recyclingrohstoffe, die jeweils hohe Anteile an Kupfer und auch anderen Metallen enthalten. Wir zahlen dem Verkäufer den aktuellen Börsenpreis der Metalle abzüglich eines Abschlags, weil das Metall noch nicht in Reinform vorliegt. Diesen Abschlag nennt man bei Kupferkonzentraten Schmelz- und Raffinierlohn und bei Recyclingrohstoffen einfach Schmelzlohn. Sie sind unser wichtigster Ergebnistreiber. Die Schmelzlöhne für Konzentrate bewegen sich marktbedingt und losgelöst von der Corona-Krise auf recht niedrigem Niveau. Die Schmelzlöhne für Recyclingmaterialien liegen allerdings aktuell auf sehr gutem Niveau. Der Eintrübung auf den europäischen Produktmärkten für Kupferhalbzeuge wie Gießwalzdraht oder Stranggussformate konnten wir auch dadurch begegnen, dass wir die hohe Nachfrage nach Kupferkathoden mit dem Verkauf nach Asien begleitet haben. Kupferkathoden sind das reine Material, das auch an der Börse gehandelt wird, also 99,99%-iges Kupfer. Sie haben dieselbe Funktion wie zum Beispiel ein Goldbarren.
Das zeigt: Aurubis hat eine sehr robustes Geschäftsmodell, das sich auch in dieser Krise bewährt hat. Wir haben auch nach dem dritten Quartal des laufenden Geschäftsjahres unsere Prognose bestätigt und während der gesamten Corona-Krise nicht geändert.
Die Kurse für Gold und Silber befinden sich im Höhenflug. Wie wichtig sind solche Edelmetalle für Aurubis und spüren Sie hier Auswirkungen auf das Ergebnis?
Aurubis entwickelt sich mehr und mehr zu einem Multi-Metall-Anbieter. Insofern sind Gold und Silber nicht nur Nebenprodukte, sondern integraler Bestandteil unseres Produktportfolios. Der Anstieg der Edelmetallpreise in den letzten Wochen und Monaten hat unser Ergebnis in den abgelaufenen neun Monaten des Geschäftsjahres deutlich gestützt.
Der Verkauf der Flachwalzsparte wird angestrebt, der Metallo-Erwerb wurde abgeschlossen. Sind weitere Veränderungen im Portfolio durch Zu- oder Verkäufe angedacht?
Tatsächlich sind wir beim Verkauf der Flachwalzsparte in fortgeschrittenen Verhandlungen. Allerdings sind diese in Zeiten von Corona nicht einfach. Auch ist zwar der Erwerb der Metallo-Gruppe abgeschlossen, jedoch arbeiten wir aktuell und auch noch in den kommenden Monaten an der Integration der Standorte in den Konzern. Wir setzen im Rahmen unserer Strategie und der Fortentwicklung zum Multimetall-Anbieter weiter auf Wachstum, intern wie extern. Wir sehen vor allem Chancen im Recyclinggeschäft in Nordamerika. Aber bitte alles zu seiner Zeit.
Grüne Schuldscheindarlehen oder Gütesiegel wie die Copper Mark – Aurubis arbeitet an mehr Nachhaltigkeit. Wie sehen hier die weiteren Pläne aus? Mit welchen Kosten rechnen Sie hier?
In puncto Nachhaltigkeit sehen wir uns als Vorreiter in der Branche. Wir sind das erste europäische Unternehmen der Grundstoffindustrie, das ein Schuldscheindarlehen mit Nachhaltigkeitskomponente begeben hat – und das überaus erfolgreich: Das Darlehen war zweieinhalbfach überzeichnet, so dass wir anstatt der ursprünglich vorgesehen 200 Mio. EUR sogar 400 Mio. EUR emittiert haben. Das Darlehen ist an das Nachhaltigkeitsrating von EcoVadis gekoppelt – hier haben wir gerade unseren Score um vier Punkte verbessert und erneut den Gold-Status erreicht – das heißt, wir sind unter den besten fünf Prozent aller von EcoVadis bewerteten Unternehmen und sogar unter den besten 1 Prozent unserer Branche.
Mit der Copper Mark haben wir unter der Federführung der International Copper Association (ICA) gemeinsam mit anderen Unternehmen der Branche einen Standard für Nachhaltigkeit entwickelt, der auch von der Londoner Metallbörse (LME) anerkannt wird. Als eines der ersten Unternehmen lassen wir uns nun zertifizieren. Dabei beginnen wir mit unserem Standort in Bulgarien.
Die Zertifizierungen sind kostenlos.
Nachhaltigkeit ist bei Aurubis Teil der Konzern-Strategie. Wir verfügen über eine explizite Nachhaltigkeitsstrategie, die auf unserer Internetpräsenz veröffentlicht ist und in der wir ganz konkret 27 Einzelmaßnahmen definiert haben, die spätestens bis zum Ende des Geschäftsjahres 2022/23 umgesetzt sein sollen. Vieles davon konnten wir schon heute erreichen.
Wie ist das Verhältnis zum Großaktionär Salzgitter?
Ausgesprochen gut. Die Salzgitter AG ist für Aurubis seit 2008 ein wichtiger Ankeraktionär. Sie ist der Garant für Stabilität in der Aktionärsstruktur und ermöglicht uns, unsere Unternehmensziele mit ruhiger Hand zu verfolgen und umzusetzen. Herr Professor Fuhrmann, der CEO der Salzgitter AG, ist Mitglied in unserem Aufsichtsrat. Wir schätzen seine Expertise und Erfahrung in der Industrie und stehen in einem vertrauensvollen und intensiven Dialog.
Die mittel- bis langfristigen Perspektiven des Unternehmens sind ausgezeichnet.
Hat die Coronakrise Auswirkungen auf ihre Dividendenpolitik und die Aktienrückkäufe?
Ich gehe davon aus, dass wir auch nach diesem Geschäftsjahr entsprechend unserer Dividendenpolitik eine Dividende zahlen werden. Vorstand und Aufsichtsrat werden auf Basis des Geschäftsergebnisses einen Vorschlag vorbereiten, über den dann die Hauptversammlung der Aurubis AG entscheiden wird.
In unserem Aktienrückkaufprogramm haben wir die erste Tranche abgeschlossen. Bei dem aktuellen Kursniveau kaufen wir nicht zurück und werden die weitere Kursentwicklung abwarten, bevor wir eine weitere Tranche angehen. Das Programm läuft ja noch bis zum Herbst 2021.
Zu guter Letzt: Warum sollten Anleger die Aurubis-Aktie jetzt kaufen?
Die Krise hat gezeigt, dass unser Geschäftsmodell sehr robust ist. Aurubis-Aktien sind somit eine solide Geldanlage in Krisenzeiten aber auch darüber hinaus. Die mittel- bis langfristigen Perspektiven des Unternehmens sind ausgezeichnet: Globale Megatrends wie Erneuerbare Energien, E-Mobilität, Urbanisierung und Digitalisierung werden zu einer verstärkten Nachfrage nach unseren Metallen – insbesondere Kupfer – führen. Aurubis gehört zu den Technologieführern in der Branche und ist auch beim Thema Nachhaltigkeit die Messlatte für den weltweiten Wettbewerb. Unser Unternehmen hat ein sehr gut diversifiziertes Geschäftsmodell mit führenden Positionen entlang der Kupfer-Wertschöpfungskette, ist innovativ, substanzstark und hat eine hohe Expertise in Metallextraktion, -verarbeitung und -recycling. Gute Ergebnisse, eine solide Bilanz und ein starker Cashflow runden dieses Bild ab. Auch die stabile Aktionärsstruktur und die konstante Dividendenpolitik sind wichtige Kaufargumente.
Das Interview ist in verkürzter Form bereits in der aktuellen Print-Ausgabe 34/20 von DER AKTIONÄR erschienen. Wie sich Anleger bei Aurubis jetzt positionieren sollten und viele weitere spannende Themen finden Sie in der Ausgabe, die hier bequem zum Download bereitsteht.
Die Titelstory des Hefts bildet zudem den Auftakt zu einer 5-teiligen Optionsschein-Serie, die sich Anleger mit einem Mini-Abo des AKTIONÄR sichern können.