Netflix hat in dieser Woche angekündigt, über eine weitere Unternehmensanleihe zwei Milliarden Euro einsammeln zu wollen. Dass der Schuldenberg des Streaming-Riesen dadurch auf über zehn Milliarden Dollar steigt, gefällt nicht allen Investoren. Was hat Netflix mit dem Geld vor?
In der Pressemitteilung heißt es, dass der Emissionserlös für „allgemeine Unternehmenszwecke“ verwendet werden soll – beispielsweise für Entwicklung, Produktion und Kauf von Content. Eine große Überraschung ist das nicht, schließlich hat Netflix-Chef Reed Hastings bereits im Q2-Bericht angekündigt, den Kapitalbedarf vorerst weiter über Schulden finanzieren zu wollen.
Zudem plant Netflix, in diesem Jahr acht Milliarden Dollar für Inhalte ausgeben zu wollen. Nachdem in den ersten neun Monaten bereits rund 6,9 Millionen Dollar in Filme, Serien und Shows geflossen sind, könnten sich die Content-Ausgaben bis zum Jahresende auch auf neun Milliarden Dollar summieren.
Kostenintensiver Wachstumskurs
Die gigantischen Content-Ausgaben sind einer der Hauptgründe für den Erfolg des Streaming-Dienstes: Mit immer mehr neuen Inhalten kann das Unternehmen immer neue Abonnenten auf der ganzen Welt anlocken und die bestehenden Nutzer an sich binden. Allein im abgelaufenen dritten Quartal ist die Zahl der Abonnenten so um rund sieben Millionen auf insgesamt 137 Millionen gestiegen.
Netflix kann dabei vor allem mit exklusiven Inhalten punkten. So will das Unternehmen die Abhängigkeit von lizensierten Inhalten senken, was nicht zuletzt unter Kostenaspekten Vorteile bringt. Auch in Anbetracht der wachsenden Konkurrenz durch Disney, Apple oder neue Online-Angebote der TV-Konzerne ist es für Netflix enorm wichtig, sich mit Exklusiv-Content abzugrenzen und die Marktführerschaft auszubauen.
Riesen Auswahl, viele Genres
Vor allem in Sachen Serien ist Netflix eine Macht: Wie das US-Tech-Portal Recode unter Verweis auf eine Studie von Ampere Analysis berichtet, hat Netflix in diesem Bereich mit Abstand die größte Auswahl – und noch viel mehr in der Pipeline.
Quelle: recode.com
Was die Genres der verschiedenen Serien betrifft, setzt Netflix auf eine vergleichsweise ausgeglichene Mischung aus Comedy (21 Prozent), Sci-Fi und Fantasy (20 Prozent) und Drama (16 Prozent). Den Rest machen Crime & Thriller, Dokumentationen sowie Kinder- und Reality-Formate aus. Auch die Konkurrenten Hulu und Apple setzen vor allem auf Comedy, während bei Amazon Prime Video und HBO Drama-Serien die häufigste Kategorie sind.
Quelle: Statista
Im Zuge der globalen Expansion setzt Netflix auch verstärkt auf regionale Produktionen. So hat Europa-Programmchefin Kelly Luegenbiehl für das kommende Jahr fünf neue, deutschsprachige Serien angekündigt. Auch in Spanien und Frankreich wurde das Engagement zuletzt hochgefahren. Dem Beschluss der Europäischen Union, wonach Streaming-Dienste in der EU künftig mindestens 30 Prozent europäische Produktionen anbieten müssen, steht CEO Hastings daher gelassen gegenüber –diese Quote werde heute schon beinahe erfüllt.
Trotz starker Zahlen: Aktie unter Druck
Zwar ist die Wachstumsstrategie von Netflix riskant, bisher geht sie jedoch auf. In den vergangenen fünf Jahren hat sich die Zahl der Abonnenten mehr als verdreifacht, der Umsatz beinahe vervierfacht. Alleine mit den Q3-Zahlen und der Prognose für das Schlussquartal wurden die Erwartungen nahezu in jeder Hinsicht übertroffen. Die zwischenzeitlichen Gewinne musste die Netflix-Aktie im schwachen Gesamtmarkt zuletzt jedoch wieder vollständig abgeben. Auf Wochensicht hat der Kurs über 15 Prozent eingebüßt, das Chartbild hat sich dadurch weiter eingetrübt.
Auch wenn der AKTIONÄR mittel- und langfristig optimistisch gestimmt ist: Vor dem Einstieg sollten Anleger eine Bodenbildung und erste Anzeichen einer Trendwende abwarten.