Eine Lösung für die kränkelnde Windkraft-Tochter Siemens Gamesa hatte sich in den vergangenen Tagen bereits abgezeichnet. Nun macht Siemens Energy Ernst: Mit einem Angebot von 18,05 Euro pro Gamesa-Aktie wollen die Münchner die ausstehenden 32,9 Prozent komplett erwerben. Und dann von der Börse nehmen.
Der Energietechnik-Konzern Siemens Energy will seine spanische Windkraft-Tochter Siemens Gamesa komplett übernehmen. Siemens Energy bietet nun 18,05 Euro je Aktie in bar, teilte das Unternehmen nach einer Aufsichtsratssitzung am Samstagabend mit. Insgesamt müsste Siemens Energy damit für die restlichen Gamesa-Anteile gut vier Milliarden Euro hinblättern.
Ziel sei es, Siemens Gamesa von der Madrider Börse zu nehmen und in den Konzern zu integrieren. In einer von Siemens Energy veröffentlichten Präsentation nennt der Konzern den September als angestrebten Termin für den Start des Angebots, schreibt Reuters. Es könnte dann im Oktober enden und im Erfolgsfall bis Ende des Jahres abgeschlossen werden. Weitere Details wollen Vorstandschef Christian Bruch und Finanzvorständin Maria Ferrero am Montag ab 9 Uhr in einer Online-Pressekonferenz erläutern.
Siemens-Energy-Chef Christian Bruch hofft, das Sorgenkind damit enger an die Kandare nehmen zu können und dessen Sanierung zu beschleunigen. Siemens Energy hält bereits 67,1 Prozent der Anteile an der spanischen Tochter, kann diese bisher aber wegen der eigenständigen Börsennotiz nur über den Aufsichtsrat kontrollieren.
Bruch will auf einem Kapitalmarkttag am kommenden Dienstag seine Strategie für die nächsten Jahre vorstellen. Siemens Gamesa ist eigentlich der Hoffnungsträger für den Hersteller von Gas- und Dampfturbinen, macht aber seit Jahren mit Verlusten, verfehlten Gewinnprognosen und operativen Problemen Negativ-Schlagzeilen.
Zuletzt hatte die Tochter ihrer Mutter Siemens Energy vier Mal hintereinander die Quartalszahlen verhagelt. Vor allem das Geschäft mit Windkraft an Land ringt mit Kosten und Schwierigkeiten in der Produktion. Aufgrund der operativen Problem und den Herausforderungen der Branche befinde sich Gamesa "derzeit in einer finanziell schwierigen Lage", hieß es von Siemens Energy.
Durch die geplante Integration könnten "notwendige Maßnahmen" zur Stabilisierung des Geschäfts besser ergriffen werden, betonte der Konzern. Gamesa werde von einer engeren Einbindung profitieren - insbesondere in den Bereichen Produktion, Lieferkette, Projekt- und Kundenmanagement. Zudem erhofft sich Energy Synergien bei Kosten und Umsatz.
Das Übernahmeangebot für Siemens Gamesa liegt knapp acht Prozent über dem Schlusskurs vom Freitag von 16,75 Euro. Allerdings war die Aktie bereits in den vergangenen Tagen kräftig gestiegen, nachdem sich die Übernahmepläne Insidern zufolge konkretisiert hatten. Vor den ersten Spekulationen Anfang der Woche lag das Papier bei 14,13 Euro. Um Siemens Gamesa von der Börse zu nehmen, brauchen die Münchner nach spanischem Recht 75 Prozent der Anteile.
Siemens Energy will die Aufstockung des Gamesa-Anteils zum überwiegenden Teil mit Eigenkapital finanzieren. Wie Reuters meldet, will das Unternehmen bis zu 2,5 Milliarden Euro mit Aktien und Hybridanleihen stemmen, um das Investment-Grade-Rating nicht zu verlieren. Ein erster Schritt könne eine Kapitalerhöhung ohne Bezugsrecht sein, die auf zehn Prozent des Grundkapitals beschränkt ist und in der Regel über Nacht bei Investoren platziert wird. Die Brückenfinanzierung bis dahin stellen die Investmentbanken Bank of America und JPMorgan zur Verfügung.
Der Siemens-Konzern als Hauptaktionär von Siemens Energy stellte klar, er würde eine Aktienemission von Siemens Energy nicht zeichnen. "Es bleibt dabei. Wir würden an einer Kapitalerhöhung von Siemens Energy nicht teilnehmen", sagte ein Siemens-Sprecher. Damit würde Siemens seinen Anteil abschmelzen lassen.
Eine Lösung für Siemens Gamesa hatte sich abgezeichnet. Das nun veröffentlichte Übernahme-Angebot von 18,05 Euro je Aktie ist niedriger als mit 19 Euro von Experten zuvor erwartet wurde. Eine Erhöhung ist unwahrscheinlich. Noch engagierte Gamesa-Aktionäre dürften das Angebot annehmen. Die Aktie von Siemens Energy wird angesichts der angedeuteten Kapitalerhöhung auf absehbare Zeit unter Druck bleiben. Ein Kauf drängt sich demnach weiterhin nicht auf.
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(Mit Material von dpa-AFX)