Ein Dauerproblem wird größer: Chinesische Autohersteller haben zunehmend Probleme, ihre Chip-Versorgung sicherzustellen. Gleich mehrere Unternehmen sollen deswegen Kontakt zu fragwürdigen Händlern aufgenommen haben. Für die Aktien-Kurse von Nio, Xpeng und Li Auto ergibt sich daraus in mehrerlei Hinsicht ein Risiko.
In China ist angesichts gestörter Lieferketten der Graumarkt für Chips rasant gewachsen. Verkauft werden laut Bloomberg gebrauchte, veraltete oder beim Hersteller absichtlich zu viel bestellte Bauteile. Die Preise sollen teils Hunderte Prozent über Listenniveau liegen.
„Die jüngsten US-Sanktionen haben am Markt eine weitere Panik ausgelöst“, sagte der Generalsekretär der China Passenger Car Association, Cui Dongshu, vergangene Woche. „Die Vertriebskanäle und die Preise für Chips sind durcheinander geraten.“
Vor allem die Hersteller moderner (E-)Autos sind betroffen. Li Auto hat informierten Kreisen zufolge einem Makler mehr als 500 Dollar für einen Bremschip gezahlt, der vor der Pandemie rund einen Dollar kostete. Das Unternehmen dementierte diesen Betrag, lehnte aber ansonsten eine Stellungnahme ab.
Angesichts der Chipengpässe haben Toyota und Volkswagen ihre Produktion gedrosselt, während Tesla das Problem mit neuer Software umging, die den Einsatz anderer Halbleiter ermöglicht. Über die chinesischen Hersteller schreibt Bloomberg: „Nio, Xpeng und Li Auto haben dem Vernehmen nach allesamt versucht, Chips von Zwischenhändlern zu kaufen, die nicht von den Herstellern der Halbleiter autorisiert wurden. Wie zu hören ist, war fast jeder Autoproduzent aus der Volksrepublik darauf aus, auf diesem Wege Chips zu beschaffen. Die Ausnahme ist BYD. Chinas größter Hersteller von Elektroautos produziert seine Chips selbst.“
Der Einsatz von Chips aus fragwürdigen Quellen kann zum Sicherheitsrisiko werden und erhöht die Gefahr von Rückrufen. Andererseits würde es wohl die Produktion gefährden, wenn einige Autohersteller aus China auf den Kontakt zum Graumarkt verzichten würden. Eine Zwickmühle mit Potenzial für (weitere) Kursabstürze. Ohnehin sollten Anleger derzeit sehr genau überlegen, wie viel China-Risiko sie im Depot haben wollen.
Hinweis: Der Handel mit Anteilen chinesischer Unternehmen ist mit erheblichen politischen und rechtlichen Unsicherheiten verbunden. Für Anleger besteht ein erhöhtes Totalverlustrisiko. DER AKTIONÄR rät dazu, nur in Einzelfällen und mit geringer Gewichtung in China-Aktien zu investieren.
Aktien von Nio befinden sich in einem Real-Depot der Börsenmedien AG.