Die aktuellen Kostenvorteile batterieelektrischer Autos sollten nach Meinung von Ingenieuren nicht dazu führen, dass Alternativen wie Wasserstoffantriebe vorschnell abgeschrieben werden. Die Brennstoffzelle und auch der Wasserstoff-Direktverbrenner blieben in puncto CO2-Einsparung und Marktpotenzial wichtige Ergänzungen, sagte der Chef der Ingenieurgesellschaft Auto und Verkehr (IAV), Matthias Kratzsch, zum Internationalen Motorensymposium in Wien - einer unter Experten viel beachteten Konferenz zu Antriebstechniken.
Technologieoffenheit müsse gewährleistet sein, forderte Kratzsch. Die Nutzung von Wasserstoff als Energieträger und die Ökostromproduktion sollen in den kommenden Jahren ausgebaut werden. "Aus unserer Sicht konzentriert sich die Debatte zu oft auf das rein batterieelektrische Fahrzeug", so Kratzsch. Man müsse etwa die gesamte Klimabilanz der verschiedenen Möglichkeiten über den Lebenszyklus des Fahrzeugs vom Rohstoff bis zum Recycling stärker betrachten. Der Autoverband VDA und der Verein Deutscher Ingenieure (VDI) hatten sich ebenfalls für parallele, weitere Forschungen an Wasserstoffantrieben ausgesprochen.
Dünnes Tankstellennetz und hohe Kosten
Brennstoffzellen, in denen Wasserstoff und Sauerstoff zu Wasser reagieren und die entstehende Energie den Elektromotor antreibt, sind im Straßenverkehr bislang primär in einigen schweren Nutzfahrzeugen wie Bussen im Einsatz. In Pkw ist ihr Anteil noch sehr gering. Hohe Kosten, ein fehlendes dichtes H2-Tankstellennetz und der insgesamt geringere Wirkungsgrad werden zu den Hauptgründen dafür gezählt.
Außerdem muss Wasserstoff selbst erst mit viel elektrischer Energie durch Aufspaltung von Wasser oder aus Kohlenwasserstoffen gewonnen werden. Wie bei dem Strom, mit dem Batterieautos "betankt" werden, sollte im Interesse einer möglichst geringen CO2-Entstehung Ökostrom eingesetzt werden. Dieser müsste in großem Maßstab verfügbar sein.
Batterie oder Brennstoffzelle?
Eine IAV-Arbeitsgruppe entwickelte nun auf Grundlage des erwarteten deutschen Strommixes im Jahr 2030 und mit Daten des Umweltbundesamtes Szenarien zur Klimabilanz und Wettbewerbsfähigkeit der Antriebe. Ein Ergebnis: Nimmt man den Lebenszyklus des Autos als Maßstab, dürften sich zumindest auch für größere SUVs Vorteile beim Einsatz "grünen" Wasserstoffs ergeben. Dies müsse die gleichzeitige Nutzung reiner Batteriewagen gar nicht schmälern. "Mit allen drei untersuchten Antriebsvarianten ließe sich der CO2-Fußabdruck im Verkehrssektor 2030 deutlich reduzieren", so Studienleiter Marc Sens. "Dabei ist ein Fahrzeug mit Brennstoffzellenantrieb je nach untersuchter Klasse ähnlich klimafreundlich wie ein rein batterieelektrisches Mobil."
Klar ist: An der Börse ist das Thema "Wasserstoff" seit ein paar Jahren en vogue. Die Aktien von den Elektrolyse-Spezialisten ITM Power oder Nel konnten sich zwischenzeitlich verzehnfachen. Und auch Brennstoffzellen-Werte wie PowerCell standen hoch im Anlegerkurs, die Bewertungen waren und sind teils astronomisch hoch.
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(Mit Material von dpa-AFX)