Die Fluggesellschaften in Europa kämpfen darum, ihre Flugpläne Stück für Stück auszuweiten. Doch die aktuelle Entwicklung der Infektionszahlen macht ihnen dabei immer wieder einen Strich durch die Rechnung. Nun hat der Lufthansa-Rivale Ryanair erklärt, worauf sich die Airlines – und deren Aktionäre – für die kommenden Wochen und Monate einstellen müssen.
So rechnet Europas größter Billigflieger beim Ringen um die Passagiere in der Corona-Krise mit einer Preisschlacht unter den Fluggesellschaften. Die Ticketpreise dürften "unglaublich sinken", sagte Ryanairs Marketing- und Digitalchef Dara Brady in einem am Montag veröffentlichten Interview mit der Touristik-Fachzeitschrift "FVW". "Es wird im nun anstehenden Kampf um die Passagiere wieder Flüge für fünf Euro geben." Nach seiner Einschätzung dürfte die schwierige Lage in der Coronavirus-Pandemie weitere Fluggesellschaften vom Markt verdrängen: "Schwache, kleine Airlines werden diese Krise nicht überstehen können."
Ryanair-Manager hatten bereits vor der Krise immer wieder gesagt, dass es in Europa mittelfristig nur noch vier bis fünf große Airlines geben dürfte. "Covid-19 wird diesen Konsolidierungsprozess beschleunigen", sagte Brady nun. Neben Ryanair haben aus seiner Sicht die Konzerne Lufthansa , Air France-KLM und die British-Airways-Mutter IAG die besten Aussichten. Aus Bradys Sicht könnten die Billigflieger Easyjet und WizzAir unter Umständen sogar zu Übernahmekandidaten werden.
Freier Mittelsitz sinnlos?
Während andere Fluggesellschaften wie Condor und die Lufthansa-Tochter Eurowings ihren Kunden wegen der Pandemie die Buchung eines freien Mittelsitzes anbieten, hält Brady ein solche Offerte für Unsinn. Die Ansteckungsgefahr minimiere sich nicht, wenn der Mittelsitz frei bleibe. "Was die Leute wollen, sind sichere Flüge, möglichst wenig Kontakt zu Mitreisenden - und das zu günstigen Preisen", sagte er.
Eurowings-Chef Jens Bischof hatte vor wenigen Tagen berichtet, dass die Ticketpreise bei der Lufthansa-Tochter zuletzt weitgehend etwa auf dem Vorjahresniveau geblieben seien. Ab September sollen Eurowings-Kunden schon bei der Ticketbuchung einen freien Mittelsitz hinzukaufen können. Außerdem sollen sie künftig bereits im Basistarif Pakete mit erweiterten Umbuchungsmöglichkeiten erwerben können.
Reisewarnungen haben "dramatische" Folgen
Dass Regierungen in Europa nach der Aufhebung der meisten Reisebeschränkungen Mitte Juni inzwischen immer neue Reisewarnungen für einzelne Regionen aussprechen, macht Airlines wie Eurowings und Ryanair zu schaffen. "Sobald die Regierungen neue Quarantäneregeln für bestimmte Länder bekannt geben, sehen wir, wie die Nachfrage für diese Länder dramatisch sinkt", sagte Brady. Deshalb haben die Iren ihr geplantes Flugangebot für die kommenden Monate wieder um etwa 20 Prozent gekürzt.
Die Ausssagen von Ryanair belegen einmal mehr, dass die Aussichten für die gesamte Airline-Branche eher trüb bleiben werden. Daher lohnt es sich derzeit weder bei Lufthansa noch bei Ryanair und Co zuzugreifen. Es gibt aktuell einfach attraktivere Einstiegsgelegenheiten.
Hinweis auf mögliche Interessenskonflikte: Der Vorstandsvorsitzende und Mehrheitsinhaber der Herausgeberin Börsenmedien AG, Herr Bernd Förtsch, ist unmittelbar und mittelbar Positionen über die in der Publikation angesprochenen nachfolgenden Finanzinstrumente oder hierauf bezogene Derivate eingegangen, die durch die durch die Publikation etwaig resultierende Kursentwicklung profitieren: Lufthansa.
(Mit Material von dpa-AFX)