Im Insolvenzverfahren bei Wirecard fand am heutigen Mittwoch die erste Gläubigerversammlung statt. Im Vorfeld der Veranstaltung konnten Gläubiger und Aktionäre ihre Forderungen gegen das Skandalunternehmen anmelden. Diese gehen offenbar weit über das hinaus, was bislang bekannt war.
Bei der Gläubigerversammlung wurden von rund 11.500 Gläubigern und Aktionären Forderungen in Höhe von knapp 12,4 Milliarden Euro gegen die Wirecard AG angemeldet, teilte das für das Insolvenzverfahren zuständige Münchner Amtsgericht mit. Hinzu kommen noch etwaige Ansprüche gegen weitere Wirecard-Gesellschaften.
Den Großteil davon dürften Schadenersatzforderungen von geprellten Investoren ausmachen, denn bislang war „nur“ von Verbindlichkeiten ihn Höhe von rund 3,2 Milliarden Euro die Rede. Allein die Fondsgesellschaft DWS macht im Insolvenzverfahren eigenen Angaben zufolge Ansprüche von mehr als 600 Millionen Euro geltend.
Schadenersatz für Aktionäre?
Neben den Verlusten der kreditgebenden Banken und Geschäftspartner stehen die ungleich höheren Kursverluste der Wirecard-Aktie: Das Unternehmen war bei der Aufnahme in den DAX im September 2018 mehr als 23 Milliarden Euro wert, nach der Insolvenz und dem Kurssturz waren es dann weniger als 100 Millionen. Das hat neben institutionellen Anlegern auch sehr viele Kleinaktionäre getroffen.
Aktionäre sind rechtlich betrachtet keine Gläubiger eines insolventen Unternehmens, sondern Gesellschafter. Als solche gehen sie bei Insolvenzverfahren häufig leer aus. Wenn es sich jedoch – wie bei Wirecard um einen großen Betrugsfall handelt, können Aktionäre ihre Schadenersatzforderungen beim Insolvenzverwalter anmelden, wie ein Sprecher der Anlegervereinigung DSW sagte.
Magere Ausbeute bei der Zerschlagung
Die Gläubiger und ihre Anwälte hoffen, zumindest einen Teil der verlorenen Milliarden in absehbarer Zeit wiederzusehen. Allzu viel dürfte bei Wirecard allerdings nicht mehr zu holen sein. Zwar konnte Insolvenzverwalter Michael Jaffé im Zuge der Zerschlagung einige Wirecard-Gesellschaften sowie das Kerngeschäft rund um die Wirecard-Bank verkaufen.
Laut Finanzkreisen wurde dabei allerdings lediglich eine halbe Milliarde Euro erlöst. Weitere Verkäufe sind zwar geplant, doch es gilt als ausgeschlossen, dass der Insolvenzverwalter die verlorenen Milliarden komplett zurückholt.
Angesichts der hohen Forderungen erscheinen die Erlöse aus den Verkäufen die ein Tropfen auf den heißen Stein. Das wird jetzt offenbar auch den letzten verbliebenen Wirecard-Aktionären bewusst: Die Aktie knickt erneut ein und gibt ihre Vortagesgewinne vollständig ab. Als ernsthaftes Investment ist sie aber ohnehin längst tabu.
Mit Material von dpa-AFX.