Während der Handel an den US-Börsen heute positiv verläuft, gibt der Chefvolkswirt einer großen Investmentbank keine Entwarnung. Im Gegenteil: Jan Hatzius von Goldman Sachs warnt sogar, dass die Chancen auf einen glimpflichen Verlauf der erwarteten Wirtschaftsabkühlung gesunken sind. Und: Das Unheil könnte schneller kommen als gedacht.
Laut Hatzius wird eine Rezession für die Vereinigten Staaten immer wahrscheinlicher, da die US-Notenbank die Zinsen anhebt und sich das Wirtschaftswachstum verlangsamt. Eine Rezession könne zudem früher kommen, als er und sein Team bislang erwartet hatten. Das schreibt der Goldman-Sachs-Spitzenmann in einer Nachricht an Kunden, berichtet CNBC.
„Die Hauptgründe dafür sind, dass unser Basis-Wachstumspfad jetzt niedriger ist und dass wir zunehmend besorgt sind, dass die Fed sich gezwungen sehen wird, energisch auf die hohe Inflation und die Inflationserwartungen der Verbraucher zu reagieren, wenn die Energiepreise weiter steigen, selbst wenn sich die Aktivität stark verlangsamt“, schrieb Hatzius demnach.
Goldman habe die Wahrscheinlichkeit für eine Rezession in den USA im kommenden Jahr von 15 auf 30 Prozent erhöht. Eine Rezession in den kommenden zwei Jahren sei zu 48 Prozent wahrscheinlich (zuvor: 35 Prozent). Gegebenenfalls werde eine Rezession aber höchstwahrscheinlich oberflächlich ausfallen, so Hatzius.
Die Goldman-Ökonomen senkten laut CNBC auch ihre BIP-Schätzungen. Goldman erwarte nun für das vierte Quartal 2022 ein Wachstum von 0,9 Prozent (vorher: 1,3 Prozent) und für 2023 von 1,4 Prozent (zuvor: 1,6 Prozent) im Vergleich zum Vorjahr.
Warnung von Morgan Stanley
Sollte es zu einer Rezession kommen, könnte der S&P 500 noch mal 15 bis 20 Prozent auf rund 3.000 Punkte fallen. Das sagte Morgan Stanleys leitender Stratege für US-Aktien, Michael Wilson gegenüber CNBC. Wilson äußerste ebenfalls, die Wahrscheinlichkeit für eine Rezession im kommenden Jahr habe signifikant zugenommen.
Wilson sagte, es sei noch nicht die Zeit, um aggressiv bei Aktien zuzugreifen, es sei aber auch nicht das Ende der Welt. „Es handelt sich um einen zyklischen Bärenmarkt – wir werden ihn schließlich überstehen.“
Mit Zwischenerholungen ist auch in einem Bärenmarkt zu rechnen. Anleger sollten aber in der Tat dieser Tage nicht alles auf eine Karte setzen. Es ist eher unwahrscheinlich, dass die Kurse demnächst so nach oben getrieben werden, wie 2020 im Zuge des schnellen Corona-Einbruchs und der beinahe ebenso schnellen Erholung.