Trotz diverser Unsicherheiten konnte sich Deutschlands Leitindex zuletzt gut behaupten. In der neuen Woche dürfte der Abwärtsdruck jedoch nicht nachlassen. Corona, China, Trump und Euro/Dollar spielen eine Rolle im Konzert der Einflussfaktoren. Mehrere DAX-Konzerne liefern noch ihre Quartalszahlen. Auch Wirecard rückt nochmals in den Fokus. Ein Wochenausblick.
"Konsolidierung oder größere Korrektur?" Das war vor einer Woche hier die Ausgangssituation für den deutschen Aktienmarkt. Es wurde weder das Eine noch das Andere. Am vergangenen Freitag war der DAX letztlich bei 12.674,88 Punkten ins Wochenende gegangen - ein ordentliches Wochenplus von knapp drei Prozent. Vor allem dank der hohen Kursgewinne des Leitindex vom Montag, als auch die zuvor unterschrittene 50-Tage-Linie wieder zurück erobert wurde, konnte eine schlechtere Bilanz verhindert werden.
Bislang hat der August seinem Ruf als schlechter Börsenmonat also noch keine Ehre gemacht. Das könnte sich allerdings ändern, denn am Markt wurden zuletzt immer stärker die Risiken in den Vordergrund gerückt. Weltweit steigen wieder die Zahlen der vom Coronavirus Infizierten. Die Konflikte zwischen den beiden größten Volkswirtschaften USA und China nehmen an Breite und Brisanz zu. Und mit der Präsidentschaftswahl in den USA sind für die Marktakteure große Unsicherheiten verbunden.
Im Juli hatte der Deutsche Aktienindex bei 13.314 Punkten noch den höchsten Stand seit Beginn des weltweiten Corona-Börsencrash erreicht. Dann aber ging der im März begonnenen Erholungs-Rallye nahe des alten Rekordniveaus die Luft aus. Die Marke von 12.800 Zählern war zuletzt das höchste der Gefühle, an diesem Widerstand war das Börsenbarometer zuletzt immer wieder gescheitert. Eine nachhaltige Überwindung dieser Marke würde dem DAX wohl neues Potenzial über die 13.000er-Grenze verleihen.
Der breiter gefasste Mittelwerte-Index MDAX schlug sich in der abgelaufenen Woche übrigens noch etwas besser als der DAX und kommt auf Wochenplus von 3,6 Prozent.
Auch die allmählich auslaufende Saison der Quartalsberichte börsengelisteter Unternehmen konnte dem Gesamtmarkt keinen großen Schwung mehr verleihen. Zu unsicher sind vor allem die Aussichten auf den Rest des Jahres und zu stark hatten sich die Kurse zuvor schon erholt.
Exportwerte leiden unter starkem Euro
Gegenwind gab es in den vergangenen Wochen vom bärenstarken Euro. Die Gemeinschaftswährung stieg zum US-Dollar seit Anfang Juli um fast sieben US-Cent auf den höchsten Stand seit mehr als zwei Jahren. Für den mit zahlreichen Exporteuren gespickten DAX ist das eine schwere Bürde, dürften sich die ungünstigen Wechselkurse doch in den nächsten Quartalsberichten negativ niederschlagen. Während der DAX in der Phase des steigenden Euro noch um gut zwei Prozent zulegen konnte, brachte es der US-Leitindex Dow Jones auf sechs Prozent.
Doch die Stärke des Euro ist vor allem eine Schwäche des Dollar. Denn dieser wertet auch zu anderen Devisen wie dem Yen, Schweizer Franken und britischen Pfund ab. "Der wesentliche Grund für die Dollar-Schwäche ist eine nachhaltige Kehrtwende der US-Geldpolitik", sagte Thu Lan Nguyen, Währungsexpertin der Commerzbank. Die Notenbank Fed dürfte die Leitzinsen auf absehbare Zeit bei nahe Null belassen. Damit unterscheide sich ihre Geldpolitik nicht mehr von der anderer wichtiger Notenbanken. "Insbesondere der europäischen Zentralbank", so die Analystin.
US-Wahlkampf im Fokus
Sollten sich gute Umfragewerte des Demokraten Joe Biden im Rennen um die US-Präsidentschaft verfestigen, droht den Börsen auch von der politischen Seite Ungemach. "Das Pendel scheint bereits sehr stark zu Gunsten der Demokraten auszuschlagen. Aus Marktsicht könnte das wenig erfreuliche Entwicklungen wie Steuererhöhungen verheißen", sagte Strategin Stefanie Holtze-Jen vom Vermögensverwalter DWS. Sicher sei die Abwahl Donald Trumps im November aber keineswegs.
Die US-Geheimdienste haben herausgefunden, dass Trumps Herausforderer Joe Biden im Wahlkampf gezielt Gegenwind aus Russland bekommt. Das Land bemühe sich, den designierten Präsidentschaftskandidaten der Demokraten zu, erklärte das Büro des Geheimdienstkoordinators (DNI).
Russland nutze "eine Reihe von Maßnahmen", um den früheren Vizepräsidenten Biden zu untergraben. China und Iran wiederum wollten Trumps Wiederwahl verhindern, hieß es. Man sei "besorgt über die anhaltenden und potenziellen Aktivitäten" jener drei Länder, hieß es weiter.
Spannungen zwischen USA und China
Die Spannungen zwischen den beiden größten Volkswirtschaften hatten zuletzt auch wegen des Coronavirus wieder deutlich zugenommen. Peking sei sich dabei bewusst, dass die China-Politik auch im Wahlkampf eine Rolle spiele, hieß es.
Hinzu kommt, dass Trump neuerdings die chinesischen Apps Tiktok und Wechat im Visier hat, in denen er eine Bedrohung der nationalen Sicherheit sieht. Außerdem drohte das Schnüren eines weiteres Corona-Konjunkturpakets in den USA zur politischen Hängepartie zu werden.
Damit hat Trump am Wochenende vorerst Schluss gemacht: Mehr Geld für Arbeitslose, weniger Zwangsräumungen zahlungsunfähiger Mieter und weniger Sozialversicherungsabgaben: Diese Teile eines Corona-Konjunkturpakets hat der US-Präsident kurzerhand per Verfügung angeordnet, einen Tag nachdem die Verhandlungen darüber im US-Kongress gescheitert waren. Es ist allerdings so gut wie sicher, dass es schon bald Klagen gegen Trumps politischen Alleingang geben würde.
Berichtssaison läuft allmählich aus
Derweil spielt die Musik mit Blick auf die Geschäftsberichte in der neuen Woche eher in der zweiten und dritten Reihe. Aus dem DAX warten noch Nachzügler wie die Deutsche Telekom und die Stromkonzerne RWE (beide am Donnerstag) und E.on (am Mittwoch) mit Quartalszahlen auf.
Gut möglich auch, dass in der neuen Woche eine Entscheidung über den DAX-Rauswurf des insolventen Skandal-Konzern Wirecard fällt. Bis spätestens 13. August will die Deutsche Börse das Ergebnis einer Konsultation mit Marktteilnehmern über Änderungen der Index-Regeln veröffentlichen.
Überschaubar ist die Agenda der Konjunkturdaten. Die vom ZEW Institut am Dienstag zur Veröffentlichung anstehenden Konjunkturerwartungen dürften sich im August den zweiten Monat in Folge eingetrübt haben. "Grund hierfür ist klar die steigende Zahl von Neuinfektionen weltweit und speziell in Europa im Zuge der Feriensaison", merkte die Landesbank BayernLB an. Unterstützung für die Aktienkurse ist also von dieser Seite zumindest nicht zu erwarten. (Mit Material von dpa-AFX)
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