Die jüngsten Konjunkturdaten sind überraschend positiv ausgefallen, die Zinserhöhungen der Notenbanken würgen wohl nicht die Wirtschaft ab. Eine starke Rezession wird daher unwahrscheinlicher. Der deutsche Aktienmarkt legte einen starken Jahresstart hin. Der Aufschwung könnte sich noch etwas fortsetzen. Der Wochenausblick.
Der deutsche Aktienmarkt hat einen richtig guten Jahresauftakt hingelegt. Als Antrieb erwiesen sich zuletzt ein robuster Jobbericht aus den USA und schwache Konjunkturdaten aus dem US-Dienstleistungssektor, die die Zinserhöhungs-Erwartungen mit Blick auf die Notenbank Fed dämpften. Die Stimmung im wichtigen US-Dienstleistungssektor hatte sich im Dezember unerwartet deutlich eingetrübt.
Der Leitindex DAX schloss am Freitag 1,2 Prozent höher bei 14.610 Punkten (siehe Chart). Die erste Börsenwoche des Jahres brachte damit ein Plus von 4,9 Prozent. Im späten Handel sorgte die freundliche Wall Street für weitere Gewinne. Der Broker IG taxierte den Weekend-DAX am Sonntag-Morgen nun bei 14.640 Zähler. Sollte das Dezember-Hoch bei 14.675 Punkten überwunden werden, könnte es charttechnisch noch weiter aufwärts gehen.
Für den MDAX der mittelgroßen Unternehmen ging es am Freitag bis auf 26.970 Punkte nach oben, was als Wochenbilanz starke 7,3 Prozent ergibt.
"Allen Zinserhöhungen zum Trotz schlägt sich der US-Arbeitsmarkt wacker", schrieb Chefvolkswirt Thomas Gitzel von der VP Bank am Freitag. Der Arbeitsmarkt sei weiter sehr robust. Zugleich stiegen die Löhne weniger deutlich als erwartet. Dies habe Erleichterung mit Blick auf die weitere Inflationsentwicklung mit sich gebracht.
Rezessionsängste schwinden
Eine heftige Rezession wird derweil immer unwahrscheinlicher. "Dass eine tiefe Rezession wie nach der Finanzkrise oder Corona im Euroraum und in Deutschland ausbleibt, ist mittlerweile Konsens", meint Jörg Krämer, Chefvolkswirt der Commerzbank. Schließlich sei eine Gas-Mangellage unwahrscheinlich geworden. Nicht zuletzt wegen des vergleichsweise milden Winters haben sich außerdem die Energiepreise trotz des anhaltenden Ukraine-Kriegs entspannt. Einige hoffen nun sogar darauf, dass eine Rezession vollständig ausbleibt.
Mit Blick auf jüngste Konjunkturdaten ist diese Hoffnung auch nicht ungerechtfertigt. Was auf den ersten Blick positiv scheint, könnte für den Aktienmarkt allerdings eine Belastung darstellen. Denn eine starke Wirtschaft dürfte die Fed dazu bringen, die Zinsen länger und insgesamt stärker zu erhöhen, um sie dann auch für eine längere Zeit auf diesem Niveau zu belassen.
Für Anleger am Aktienmarkt sind solche Aussichten wenig verlockend, da so die Attraktivität anderer Anlageformen, wie etwa Anleihen, steigt. Allerdings zeigte der Arbeitsmarkt-Bericht auch, dass die befürchtete Preis-Lohn-Spirale sich vielleicht nicht so ausgeprägt entwickelt wie von einigen Experten befürchtet: Die Stundenlöhne stiegen weniger stark als erwartet.
Blick auf neue Konjunkturdaten
Die deutsche Industrie kommt bisher ebenfalls erstaunlich gut durch die Krise. Direkt am Montag stehen Daten zur Industrieproduktion im November auf der Agenda. Die Produktion dürfte geringfügig zugelegt haben. "Das ist eine sensationell gute Nachricht angesichts der derzeitigen enormen Belastungen", so Ulrich Kater, Chefvolkswirt der Dekabank. Am Freitag wird dann das Bruttoinlandsprodukt für 2022 vermeldet.
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Auch die Inflation hat sich zuletzt ganz im Sinne der Anleger entwickelt. Im Dezember stiegen die Verbraucherpreise in der Eurozone 'nur' um 9,2 Prozent und damit weniger drastisch als erwartet. Viele Marktteilnehmer setzen darauf, dass die Notenbanken bei sinkenden Inflationsraten die Zinsen nicht mehr sehr stark erhöhen, sondern sie im Gegenteil bald wieder senken werden.
"Dies könnte sich jedoch als Milchmädchenrechnung erweisen", warnt Kater. Höhepunkt der Woche dürfte in diesem Zusammenhang die Veröffentlichung der US-Verbraucherpreise für Dezember sein, die am Donnerstag veröffentlicht werden.
Erste Unternehmen mit Q4-Zahlen
Auch unternehmensseitig nimmt das neue Jahr Fahrt auf. Zum Ende der Handelswoche läuten die US-Banken JPMorgan, Wells Fargo und Citigroup die Berichtssaison in den Vereinigten Staaten ein.
Hierzulande legen schon vorher Südzucker und dessen Tochter-Unternehmen CropEnergies aus dem Nebenwerte-Index SDAX Quartalszahlen vor.
Bereits am Dienstag berichten die Flugzeug-Hersteller Airbus und Boeing über Auftragseingang und Auslieferungen im vergangenen Jahr.
Sorgenvolle Blicke nach China
Speziell exportorientierte Unternehmen schauen weiterhin sorgenvoll nach China. Dort steigen die Corona-Infektionszahlen nach dem abrupten Ende der Null-Covid-Politik rasant an, was den Konsum bremst und die gebeutelte chinesische Wirtschaft erneut belasten dürfte. "Womöglich ist aber in einigen Wochen oder Monaten Corona selbst in China kein Thema mehr, was bei uns die Lieferketten-Probleme weiter entspannen würde", schrieb Christian Apelt von der Landesbank Hessen-Thüringen. Sicher sei das jedoch nicht. (Mit Material von dpa-AFX)
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