Durch Anleihe-Emissionen hat Wirecard im September insgesamt 1,4 Milliarden Euro eingesammelt. Langsam kristallisiert sich heraus, was das Unternehmen mit dem Geld vorhat – und warum die Anleger nur einen kleinen Teil davon sehen werden.
Die Softbank-Wandelanleihe im Volumen von 900 Millionen Euro und eine weitere Anleihe-Platzierung bei institutionellen Investoren im Volumen von 500 Millionen Euro ließen bei Wirecard die Kasse klingeln. Auch zur Verwendung der Mittel hatte sich das Unternehmen damals geäußert:
„Das bereitgestellte Kapital wird von Wirecard für weitere Investitionen in innovative Payment- und Finanzdienstleistungen, für die Rückführung bestehender Kreditinanspruchnahmen sowie potentielle Aktienrückkaufprogramme verwendet“, hieß es in einer Unternehmensmitteilung vom 18. September.
Millionen für Commerzbank, ING und Co
Oberste Priorität hat dabei die Schuldentilgung: Bereits beim diesjährigen Kapitalmarkttag in New York hat Finanzvorstand Alexander von Knoop mitgeteilt, dass 340 Millionen Euro aus dem Softbank-Deal zu Rückzahlung von Krediten verwendet werden. Des Branchenportal finanz-szene.de meldet außerdem, dass die 500 Millionen Euro aus der Anleihe-Emission komplett an die Kreditbanken des Zahlungsabwicklers gingen – plus 30 Millionen aus dem eigenen Cash-Bestand.
Aktienrückkauf enttäuscht
Damit gehen rund 60 Prozent der Emissions-Erlöse postwendend zu den Banken. Für das ebenfalls seit Längerem angekündigte Aktienrückkaufprogramm nimmt Wirecard dagegen nur 200 Millionen Euro in die Hand – also gute 14 Prozent der Erlöse aus beiden Anleihe-Platzierungen.
Ob das nun ein „signifikanter Anteil“ des Erlöses ist, den Vorstandschef Markus Braun für die Maßnahme in Aussicht gestellt hatte, ist naturgemäß Definitionssache. Die Reaktion der Anleger auf die Bekanntgabe des Aktienrückkaufs inmitten der neuen FT-Querelen am Freitag letzter Woche legt jedoch den Schluss nahe, dass auch sie etwas mehr erwartet hatten.
Wenn es bei dieser Verteilung bleibt, stehen somit noch 360 Millionen Euro für die ebenfalls angekündigten Investitionen in den Ausbau des operativen Geschäfts zu Verfügung.Sinnvoll, aber…
Da Anleihen in der Regel günstiger sind als Bankkredite, scheint die Umschuldung mit den Emissionserlösen sinnvoll. Aus Anlegersicht wäre dennoch ein größerer Anteil für Aktienrückkäufe wünschenswert gewesen – zumal die meisten Aktionäre speziell im letzten Jahr nur wenig Freude an der Kursentwicklung der Wirecard-Aktie hatten.
Nach der Ankündigung einer Sonderprüfung, die der Financial Times im Dauerstreit um angebliche Bilanztricks den Wind aus den Segeln nehmen soll, konnte sich die Wirecard-Aktie am Montag aus dem Abwärtssog befreien und eine erste Gegenbewegung startet. Am Dienstag tritt sie allerdings zunächst auf der Stelle. DER AKTIONÄR rät vorerst weiterhin zum Beobachten.
Hinweis nach §34 WPHG zur Begründung möglicher Interessenkonflikte: Aktien oder Derivate, die in diesem Artikel besprochen / genannt werden, befinden sich im "Real-Depot" von DER AKTIONÄR.