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Varta: "Wir verzeichnen weiterhin ein massives Wachstum"

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Jochen Kauper 26.11.2020 Jochen Kauper

Wenn es um die Aktie von Varta geht, dann sind sich viele Analysten uneins, was die zukünftige Kursentwicklung angeht. Fakt ist: Varta wird dank des Booms für kabellose Kopfhörer weiter deutlich Umsatz- und Ergebniszuwächse verzeichnen. Einen Vorgeschmack gab es zuletzt bei den Zahlen für das dritte Quartal. DER AKTIONÄR sprach im Anschluss mit Varta-Vorstand Herbert Schein.


DER AKTIONÄR: Herr Schein, Sie haben die Umsatz- und Gewinnprognosen für das laufende Jahr nach neun Monaten angehoben. Woher kommt die starke Nachfrage in erster Linie?

Herbert Schein: Alle unsere Segmente haben zum Erfolg der ersten neun Monate dieses Jahres beigetragen. Wir freuen uns sehr darüber, denn es zeigt, dass unsere Strategie erfolgreich ist. Wir verzeichnen weiterhin ein massives Wachstum bei unseren kleinen Lithium-Ionen-Batterien, die vor allem in Premium True Wireless Stereo Headsets (TWS) zum Einsatz kommen. Aber auch das Consumer-Geschäft ist stärker als erwartet gewachsen, weil unser Ansatz, uns auf das Markengeschäft zu fokussieren, richtig ist. Es zeigt sich, dass ein gemeinsamer Auftritt als starke Marke Erfolg bringt.

Varta (WKN: A0TGJ5)

DER AKTIONÄR: Gehen Sie davon aus, dass diese Trends weiter anhalten werden?


Herbert Schein: Der Markt für TWS wird weiter massiv wachsen. Die Hersteller von Premium-Smartphones liefern heute schon keine Kopfhörer mit Kabel mehr mit ihren Geräten aus. Das bedeutet, dass Sie in naher Zukunft keine physische Schnittstelle mehr zum Smartphone haben. Wenn Sie also Musik hören oder telefonieren wollen, ohne das Gerät in der Hand zu halten, brauchen Sie kabellose Kopfhörer. Und die wiederum haben so viele Funktionen – denken Sie an Noise Cancelling oder an Sprachassistenten – dass die Hersteller dafür leistungsfähige Batterien brauchen. Wir liefern sie. Und wir entwickeln bereits heute die nächste Generation dieser Batterien, die noch längere Laufzeiten und noch kürzere Ladezeiten ermöglichen.

DER AKTIONÄR Keine Angst vor einer zunehmenden Konkurrenz?


Herbert Schein: Wir nehmen unsere Konkurrenten natürlich ernst und beobachten den Markt genau. Aber wir haben heute eine Produktionskapazität bei den Lithium-Ionen-Coin-Zellen, die größer ist als die unserer Konkurrenten zusammengenommen. Wir haben durch unsere patentierte Gehäusetechnologie ein sehr hohes Volumen für aktives Material im Inneren der Zelle. Wir ruhen uns darauf aber nicht aus, sondern forschen und entwickeln weiter. In den kommenden Jahren wird unsere CoinPower-Zelle eine um 50 Prozent höhere Energiedichte haben. Dieses Jahr schaffen wir bereits ein Plus von 30 Prozent.

DER AKTIONÄR: Gehen Sie nicht davon aus, dass der Markt für kabellose Kopfhörer bald gesättigt ist?


Herbert Schein: Nein, das glaube ich nicht. Der Markt hat ein Potenzial für bis zu eineinhalb Milliarden Zellen. Schaut man sich den Verkauf von Smartphones an und nimmt an, dass in der Hälfte der Fälle sich der Käufer zu seinem Gerät zusätzlich noch ein Premium TWS Headset kauft, kommt man auf diese Zahl, weil ein Paar solcher Kopfhörer zwei Batterien benötigt.

DER AKTIONÄR: Welche neuen Trends haben Sie ausgemacht, von denen Varta profitieren könnte?


Herbert Schein: Wir sind dabei, unsere führende Lithium-Ionen-Technologie in neue, größere Batterien zu überführen. Zudem sehen wir großes Potenzial bei Energiespeichern, wie VARTA sie schon heute liefert. Diese werden für Eigentümer von Solaranlagen immer attraktiver, weil sie nun aufgrund der auslaufenden Einspeisevergütung vor der Frage stehen, was sie mit ihrem eigenproduzierten Strom anfangen. Daneben haben wir Projekte mit führenden Agrarrobotik-Herstellern. Gerade erst haben wir zusammen mit einem Partner eine Kooperation bei einem Roboter präsentiert, der autark Unkraut beseitigt und kabellos über Solarstrom geladen wird. Agrarrobotik ist ein weiteres Beispiel für fahrerlose Geräte und Transportsysteme. Das sind spannende neue Geschäftsfelder mit hohem Potenzial!

DER AKTIONÄR: Welches Ziel verfolgen Sie im Segment Consumer Batteries – warum haben Sie das Geschäft zurückgekauft?


Herbert Schein: Die Consumer Batteries gehören zur Identität von VARTA. Ich hatte den Verkauf immer für einen Fehler gehalten. Heute ist zusammen, was zusammengehört – unter dem Dach einer starken Marke. Der Erfolg gibt uns Recht.

DER AKTIONÄR: Peter Altmaier kam auf die Schwäbische Alb, dann Markus Söder. Sehen Sie sich als eine Art Hoffnungsträger der deutschen Batteriepolitik?


Herbert Schein: Wenn Sie das so sehen möchten? (lacht) Ernsthaft: Die Förderung durch die Politik freut mich sehr, denn sie ist eine Chance für den Wirtschaftsstandort Europa. Die Batterie ist die strategische Zukunftskomponente – ich bleibe bei diesem Satz. Denn welches Gerät, das es ohne Kabel gibt, würden Sie sich noch gerne mit Kabel kaufen? Die Zukunft ist kabellos und das heißt, sie braucht Batterien. Wir liefern diese Zukunft. Wir dürfen diese Schlüsseltechnologie nicht dem asiatischen Markt überlassen. Wenn das uns zu einem Hoffnungsträger der europäischen – nicht nur deutschen – Batteriepolitik macht, dann sind wir als VARTA das gerne.

DER AKTIONÄR: Für eine Batterie-Zellenfabrik für Elektromobilität brauchen Sie Partner, um die Investitionen stemmen zu können. Wie ist der aktuelle Stand?


Herbert Schein: Meine Strategie war immer, Technologie zu entwickeln und zu bauen, die es unseren Kunden ermöglicht, Neues zu schaffen. Das war mit den Hörgerätebatterien so. Bei CoinPower haben wir diese Strategie erfolgreich wiederholt. Nun bauen wir eine neue Batterie, die uns neue Möglichkeiten eröffnen wird und vielleicht auch neue Partner.

DER AKTIONÄR: Gibt es hier Gespräche mit dem einen oder anderen Automobil-Hersteller?


Herbert Schein: Wie Sie wissen, sprechen wir generell nicht über Geschäftsbeziehungen.

DER AKTIONÄR: Welche Kunden haben Sie neben den Automobil-Herstellern im Auge?


Herbert Schein: Wie ich bereits erläutert habe, war unsere Strategie immer, dass wir Produkte liefern, die so gut sind, dass die Kunden etwas Neues damit schaffen konnten. Die Anforderungen der Kunden sind wichtig und wir setzen sie mit hoher Geschwindigkeit um. Aber wenn ich mich immer nur an den Wünschen eines Kunden orientiert hätte oder nur einen bestimmten Kunden im Auge gehabt hätte, hätte das meine Sichtweise verengt. Wir wollen die beste Technologie entwickeln und produzieren. Damit waren wir immer erfolgreich. Wir sind damit sehr profitabel gewesen. Wir werden diesen Kurs nicht verlassen.

DER AKTIONÄR: Wann werden die ersten Zellen vom Band laufen?


Herbert Schein: Sie würden mich gerne auf etwas festlegen. Hätten wir uns je auf etwas festgelegt, wären wir aber nicht da, wo wir heute sind. Flexibilität und Innovationskraft sind unsere DNA, das hat uns erfolgreich und sehr profitabel gemacht. Was ich aber sagen kann ist, dass wir nächstes Jahr um diese Zeit eine neue Zelle auf einer Pilotlinie in Ellwangen produzieren werden.

Varta (WKN: A0TGJ5)

DER AKTIONÄR bleibt für Varta optimistisch. Mit der neuen Prognose für 2020 hat der Batterie-Hersteller die Lücke zu den Markterwartungen geschlossen. Anleger sollten sich weiterhin auf eine volatile Kursentwicklung einstellen. Halten!

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