Die schlimmsten Befürchtungen der Varta-Kleinaktionäre werden wahr: Der Batterie-Konzern hat sich am Samstag auf das angestrebte Sanierungskonzept (StaRUG) geeinigt. Das Unternehmen wird nach Schuldenschnitt und Einstieg von Porsche als neuer Investor gerettet, die Altaktionäre aus dem Streubesitz verlieren alles. Die Varta-Aktie wird von der Börse genommen.
Um 15.35 Uhr lief am Samstag die erste Adhoc-Mitteilung über die Ticker, fünf Minuten später eine zweite. Beide haben gemeinsam, dass die Varta AG sich mit Finanzgläubigern und strategischen Investoren auf ein Sanierungskonzept geeinigt hat und damit eine Basis für eine nachhaltige Unternehmensperspektive schafft. In der ersten Adhoc gibt es zudem folgenden kleinen Absatz zu lesen:
Das Sanierungskonzept sieht auch eine vereinfachte Herabsetzung des Grundkapitals der VARTA AG auf 0 Euro vor, die zum kompensationslosen Ausscheiden der derzeitigen Aktionäre der VARTA und zum Erlöschen der Börsennotierung der Aktien der VARTA führt.
Ohne jeglich Erwähnung der Verluste, die dieser Schritt für die Altaktionäre nach sich zieht, und auch ohne Entschuldigung des Managements, bleibt der Satz wohl so manchem Kleinaktionär in der Kehle stecken.
Bis zuletzt hatten manche gehofft, dass es noch eine Lösung auch für die Varta-Alt-Aktie gibt. Trotz des drohenden Totalverlustes war die Varta-Aktie am gestrigen Freitag noch gut 160 Millionen Euro wert, der Schlusstand im späten Handel lag bei 3,92 Euro. Denn Kleinaktionäre und spekulative Anleger hatten zuletzt noch darauf gesetzt, dass sie wenigstens das Recht erhielten, an einer Kapitalerhöhung teilzunehmen. Im Fünf-Jahres-Chart ist diese Hoffnung ganz rechts unten als kleiner Aufwärts-Haken zu sehen.
Doch die Hoffnung ist tot, Varta wird von der Börse genommen. "Wir haben alles versucht, die Kleinaktionäre noch an Bord zu holen – aber das ist in dieser Situation rechtlich nicht möglich", zitiert die Agentur Reuters Varta-Chef Michael Ostermann. Varta könne mangels eines geprüften Jahresabschlusses keinen Prospekt erstellen, der für eine breite Kapitalerhöhung nötig wäre.
Ein Alternativvorschlag einiger Schuldschein-Gläubiger, der ein Bezugsrecht für alle Aktionäre vorgesehen hätte, wurde Teilnehmern zufolge deshalb als nicht umsetzbar abgelehnt. Die Zeichner der Schuldscheine, darunter mehrere Hedgefonds, haben mit 250 Millionen Euro bei Varta am meisten im Feuer. Sie sind aber gespalten; ein Teil von ihnen unterstützt die Einigung. Nach dem StaRUG können einzelne Gläubiger eine Sanierung nicht blockieren.
Auch die Bemühungen der Aktionärsvereinigung DSW werden wohl verpuffen. Die Schutzgemeinschaft vertritt 2.000 Privatanleger, die sich gegen eine "entschädigungslose Enteignung" wehren wollen.
Für das Unternehmen, für die Mitarbeiter und auch für die neuen Investoren ist die Einigung auf das Sanierungskonzept positiv. Der Sportwagenbauer Dr. Ing. h.c.F. Porsche AG wird groß bei Varta einsteigen. Zuvor hatte Porsche bereits mitgeteilt, Vartas Autobatterie-Tochtergesellschaft V4Drive Battery mehrheitlich übernehmen zu wollen. Der DAX-Konzern zeigte sich zugleich bereit, sich "mit weiteren Partnern" an der finanziellen Neuaufstellung der Varta AG zu beteiligen.
Großaktionär Michael Tojner, die Porsche AG und der Großteil der Gläubiger haben sich nun nach langwierigen Verhandlungen auf einen Kompromiss verständigt, wie Varta entschuldet und mit frischem Kapital ausgestattet werden soll. Demnach sollen die Schulden von 485 Millionen auf zunächst 200 Millionen Euro reduziert werden.
Die neuen Varta-Eigentümer Tojner und Porsche geben eine Kapitalspritze von 60 Millionen Euro. Von den Gläubigern kommen zusätzlich 60 Millionen Euro als vorrangig besicherte Darlehen. Später könnte noch ein dritter Investor an Bord kommen.
Varta-Finanzvorstand Marc Hundsdorf sprach am Samstag laut Reuters von einem entscheidenden Durchbruch. "Mit der Umsetzung der heute vereinbarten Maßnahmen sind Finanzierung und Liquidität der Gruppe nun nachhaltig stabilisiert und langfristig gesichert." Die gekappten alten und die neuen Kredite – zusammen 260 Millionen Euro – haben eine Laufzeit bis Ende 2027.
Varta werde an allen Standorten in Deutschland festhalten. Nur in der Verwaltung müsse es einen "moderaten" Stellenabbau geben. Laut Ostermann wolle man wachsen, sowohl mit Batteriespeichern für Photovoltaik-Anlagen als auch mit den Knopfzellen für Apple-Kopfhörer. "Wir werden Varta wieder auf einen profitablen Wachstumskurs bringen."
Das beschlossene Sanierungskonzept dürfte direkt am Montag auch an den Börsen Auswirkungen haben, wenn die Varta-Aktien nicht vom Handel ausgesetzt ist. Bei Leoni, die im vergangenen Jahr einen ähnlichen Weg gingen, dauerte es ein paar Wochen, bis die Aktien wertlos verfielen. Bei Varta muss das StaRUG noch von einem Gericht förmlich genehmigt werden.
Falls noch ein Handel möglich ist, dürften viele Aktionäre gleichzeitig versuchen, ihre Papiere noch zu Geld zu machen. Ein erneuter Kurssturz Richtung Null dürfte die Folge sein. DER AKTIONÄR hatte in den vergangenen Monaten immer wieder vor einem Investment in Varta-Aktien gewarnt.
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