Im Kampf ums Überleben greift Varta zu drastischen Maßnahmen: Die Alt-Aktionäre des strauchelnden Batterieherstellers sollen aus dem Konzern gedrängt werden, Gläubiger auf einen Großteil ihres Gelds und ihrer Ansprüche verzichten. Die Commerzbank schreibt mit Blick auf den jüngsten Kurseinbruch und die Nachrichtenlage von einem "Vartaloo" in Anspielung auf die verlorene und auch letzte Schlacht des französischen Kaisers Napoleon Bonaparte bei Waterloo.
Bereits im April hatte der Konzern eingestehen müssen, dass das eigene Umstrukturierungskonzept nicht mehr ausreicht, um wie geplant bis Ende 2026 auf einen profitablen Wachstumskurs zurückzukehren. Jetzt ist es amtlich: Um die ausgearbeiteten Sanierungspläne in die Tat umsetzen zu können, wurde beim zuständigen Amtsgericht Stuttgart ein Restrukturierungsvorhaben nach dem Unternehmensstabilisierungs- und -restrukturierungsgesetz (StaRUG) angezeigt. Dessen Zweck ist, zu verhindern, dass ein operativ lebensfähiges Unternehmen in die Pleite rutscht. Dabei kann der Widerstand einzelner Gläubiger, aber auch der Aktionäre, ausgehebelt werden.
Einzig Varta-Mehrheitsaktionär Michael Tojner soll dem Vernehmen nach an einer anschließenden Barkapitalerhöhung teilnehmen dürfen, „um so die Möglichkeit einer Wertaufholung zu haben“, heißt es in einer Mitteilung der Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger (SdK). „Die bisherigen Streubesitzaktionäre sollen vom Bezug neuer Aktien ausgeschlossen sein und hätten damit keine Möglichkeit, an dem etwaigen Restrukturierungserfolg der Varta AG zu partizipieren. Dies lehnte die SdK als ungerechtfertigte Benachteiligung der Streubesitzaktionäre ab“.
Bei seinem Amtsantritt Anfang Mai erklärte der neue Vorstandsvorsitzende Michael Ostermann noch: „Ich freue mich sehr auf die Aufgaben bei der Varta AG. Ich habe mich für diese Position entschieden, weil ich an die Chancen des Unternehmens glaube. Ich sehe die Herausforderungen. Ich sehe aber vor allem das Potenzial. Gemeinsam mit dem gesamten Vorstand und dem Varta-Team werden wir die Herausforderungen angehen und das Potenzial heben.“
Rund zehn Wochen später liegen die neuen Restrukturierungsvorschläge auf dem Tisch. Sie sehen vor, zunächst Varta-Aktien ohne Kompensation einzuziehen. „Die Aktionäre gehen in dem Fall leer aus, da gibt es keine Alternativszenarien. Es gibt heute kein realistisches Szenario, in dem die Aktionäre noch irgendwas haben“, erklärt Vorstand Ostermann in dieser Woche in einem Interview mit der FAZ.
Die Aktie hat in den letzten Tagen bereits deutlich an Wert verloren, notiert aber immer noch bei rund zwei Euro. Im Rahmen der angestrebten finanziellen Neuaufstellung dürften die Aktionäre aus dem Unternehmen gedrängt werden und am Ende komplett leer ausgehen. Für Anleger heißt es daher weiter: Finger weg!