Elon Musk hat sein Übernahme-Angebot zurückgezogen, doch die Aktionäre von Twitter haben der Übernahme des Unternehmens durch den Tech-Milliardär mit großer Mehrheit zugestimmt. Demnach ist man für die Annahme des im April von Musk unterbreiteten Kaufangebots in Höhe von 54,20 US-Dollar pro Aktie. Ein Whistleblower spielt im Streit um den Deal eine wichtige Rolle.
Der Tesla-Chef hat seine insgesamt rund 44 Milliarden Dollar schwere Offerte zwar für ungültig erklärt. Musk wirft Twitter unter anderem Falschangaben zu Fake-Accounts vor und hält die Kaufvereinbarung deshalb für hinfällig. Der Konzern will den Deal aber vor Gericht durchsetzen.
Nach dem Abstimmungsergebnis der Twitter-Anteilsinhaber legt die Aktie in New York wieder etwas deutlicher zu. Nach einem Tagestief bei 40,56 Dollar, erholt sich das Twitter-Papier zeitweise auf 42,38 Dollar.
Im Oktober soll bei einem Prozess in Delaware entschieden werden, ob Musk vom Kauf zurücktreten kann. Den Aktionären dürfte die Wahl nicht schwer gefallen sein: Twitter-Anteile notierten zur Abstimmung bei 41 Dollar – weit unter Musks Angebot. Nun liegt das Schicksal des Deals allein beim Gericht.
Gravierende Lücken beim Schutz von Nutzerdaten
Der Justizausschuss des US-Senats befasste sich am Dienstag auch mit den Vorwürfen des Whistleblowers und früheren Twitter-Sicherheitschefs Peiter "Mudge" Zatko, dass die Behörden von Twitter irregeführt worden seien. Dabei sagte der Abgeordnete Chuck Grassley, nach Erkenntnissen der US-Bundespolizei FBI habe bei dem Konzern mindestens ein chinesischer Agent gearbeitet. Zatko sagte vor dem Ausschuss, einige bei Twitter hätten sich Sorgen gemacht, dass die chinesische Regierung die Daten von Twitter-Nutzern stehlen könnte.
Der im Januar gefeuerte Manager kritisierte die Twitter-Führung bei einer Senatsanhörung scharf. Die Mängel der Internetplattform seien während seiner Zeit dort so schlimm gewesen, dass sie sogar ein Risiko für die Nationale Sicherheit darstellten, erklärte Zatko.
"Tickende Bombe"
Der IT-Experte bezeichnete die Zustände bei Twitter als "tickende Bombe an Sicherheits-Schwachstellen". In Kombination mit der Weigerung des Managements, die Probleme gegenüber Aufsehern, Nutzern und Investoren einzuräumen, habe sich Twitter zu einem "realen Risiko" für Millionen Amerikaner, den Demokratieprozess und die Nationale Sicherheit entwickelt, hieß es in Zatkos Statement.
Die IT-Sicherheit von Twitter habe bei seinem Dienstantritt 2020 "mehr als ein Jahrzehnt hinter den Branchen-Standards" gelegen, sagte Zatko. Seine Bemühungen, die Missstände zu beheben, seien vergeblich gewesen. Die Konzernführung habe zu wenig Ahnung vom Umgang mit Nutzerdaten gehabt und Profit statt Sicherheit in den Vordergrund gestellt.
Twitter hat die Anschuldigungen bislang stets energisch zurückgewiesen und Zatko vorgeworfen, seinem früheren Arbeitgeber schaden zu wollen. Zatko bestritt, aus Groll gehandelt zu haben. Twitter hatte seine Entlassung mit mangelnder Leistung begründet.
Whistleblower als Rückhalt für Musk
Die Whistleblower-Kritik ist auch im Rechtskonflikt zwischen Elon Musk und Twitter um die im April vereinbarte Übernahme des Konzerns durch den Tech-Milliardär brisant. Musk hat den Deal für nichtig erklärt, dabei stützte er sich zunächst auf angebliche Falschangaben zur Anzahl von Spam-Nutzerkonten und Bots.
Inzwischen hat Musk seine Argumente um Zatkos Kritik zu angeblich mangelnder Datensicherheit erweitert. Die zuständige Richterin stimmte zuletzt einem Antrag seiner Anwälte zu, diese Aspekte in der Klage zu ergänzen. Whistleblower Zatko könnte also zu einem wichtigen Faktor werden.
Charttechnisch befindet sich die Twitter-Aktie noch in einem Abwärtstrend. Wichtiger wird die Gerichtsverhandlung, ob Musk sein ursprüngliches Übernahmeangebot aufrecht erhalten muss. Der Gerichtsprozess beginnt am 17. Oktober. Die Chancen, dass Musk Twitter wie vertraglich vereinbart übernehmen muss, sinken mit dem Whistleblower. Wer noch Twitter-Aktien hält, bleibt engagiert. Alle anderen warten ab. Es gibt bessere Unternehmen als Twitter.