Beim Kochboxenversender und Corona-Krisengewinner HelloFresh fürchten die Investoren angesichts der positiven Impfstoff-News ein Ende des Booms. Das Papier ist heute tiefrot und größter Verlierer im MDAX. Zudem reißt die Aktie wichtige Unterstützungslinien. Dennoch ist nicht alles schlecht.
Klar ist: Es dürfte dem Lieferdienst zukünftig schwerer fallen, neue Kunden zu gewinnen, wenn die Restaurants wieder Gäste empfangen dürfen. Doch HelloFresh ist gut aufgestellt. So ist der im MDAX notierte Konzern insgesamt in 14 Ländern vertreten. Er sieht sich sowohl in den USA als auch weltweit als Marktführer. Und gerade in den USA hat man mit der Übernahme von Factor75 jüngst einen sinnvollen Deal festgezurrt.
Das im Bundesstaat Illinois ansässige Unternehmen ist auf fertige, frische Mahlzeiten spezialisiert, die der Kunde in der Mikrowelle oder im Backofen aufwärmen kann. Anders als bei den Kochboxen, die die abgemessenen Zutaten und das Rezept für ein Gericht enthalten, erübrigt sich hier die Arbeit, also das Kochen. Factor75 stehe für „ausgewogene Ernährung und guten Geschmack in Restaurantqualität“, eklärte HelloFresh. Die Akquisition schaffe Synergien sowohl in der Lieferkette als auch im operativen Geschäft.
Gerade in diesem Segment mit „fertigen Gerichten“ will HelloFresh weiter wachsen. Eine zusätzliche Produktionsstätte, die das Berliner Unternehmen bald in Betrieb nehmen will, soll die Kapazität signifikant erweitern. Künftig könnten dadurch Mahlzeiten im Wert von über 500 Millionen Dollar erstellt werden. Und mit Blick auf die vielen Single-Haushalte könnte das ein sehr lukrativer Geschäftszweig sein.
Die Zahl der Single-Haushalte steigt nämlich laut Zahlen des Statistischen Bundesamtes kontinuierlich: Rund 17,6 Millionen Menschen in Deutschland lebten im Jahr 2019 alleine. 2018 waren es 17,3 Millionen, teilten die Statistiker jüngst mit. Der Anteil der Single-Haushalte stieg zwischen 1991 und 2019 von 34 Prozent auf 42 Prozent.
Die HelloFresh-Aktie kommt heute gehörig unter die Räder und notiert aktuell im Bereich von 44,60 Euro - ein Minus von mehr als sechs Prozent. Dabei unterschreitet die Aktie sowohl die 50-Tage- bei 46,49 Euro als auch die 21-Tage-Linie (46,02 Euro).
Klar, die jüngsten positiven Impfstoff-Nachrichten entziehen der HelloFresh-Aktie durchaus Fantasie. Auch charttechnisch hat sich das Bild nun deutlich eingetrübt. Dennoch: Im kommenden Jahr dürfte uns das Thema "Corona" noch übergeordnet beschäftigen und damit ein Umsatztreiber für die Berliner sein. Zudem könnte sich womöglich ein Trend zu mehr "Home-Eating" entwickelt haben, der HelloFresh langfristig in die Karten spielen würde. Und auch der große Markt der Single-Haushalte, den das Unternehmen verstärkt angreift, verspricht Wachstumschancen. Fazit: Investierte Anleger bewahren die Ruhe. Stopp-Kurs: 38,00 Euro.
Mit Material von dpa-AFX