Der kriselnde Industriekonzern ThyssenKrupp erwägt offenbar einen erneuten Versuch, seine Stahlsparte mit einem Konkurrenten zu fusionieren. So soll der Konzern bereits Gespräche mit Wettbewerbern aus dem In- und Ausland führen, berichtet das "Handelsblatt" am Montag unter Berufung auf Kreise aus dem Konzern und der Branche.
Zu den Interessenten zählten unter anderem die chinesische Baosteel, SSAB aus Schweden sowie erneut Tata Steel Europe. Auf der heutigen Aufsichtsratssitzung, die sich mit der zukünftigen Aufstellung des Unternehmens befassen wird, soll jedoch noch kein Beschluss dazu fallen. ThyssenKrupp lehnte auf Anfrage der Zeitung einen Kommentar ab.
ThyssenKrupp hatte schon einmal seine Stahlsparte mit Tata Steel Europe fusionieren wollen, war dabei aber an den europäischen Wettbewerbsbehörden gescheitert. Gegen den Beschluss hatte der Konzern Rechtsmittel eingelegt. Trotz des Scheiterns im vergangenen Jahr hatte ThyssenKrupp immer wieder die Notwendigkeit einer Konsolidierung der Stahlbranche betont, die durch Preisdruck und Überkapazitäten geprägt ist. Das stark konjunkturabhängige Geschäft, dass in guten Zeiten solide Erträge beisteuert, reißt in wirtschaftlich schwachen Zeiten wie derzeit große Löcher in die Bilanz.
Innerhalb der IG Metall werden diese Gespräche dem "Handelsblatt" zufolge mit Sorge betrachtet. Die Gewerkschaft fürchte wie der Betriebsrat einen Ausverkauf der Stahlsparte ins Ausland. Baosteel wie auch SSAB würden bevorzugt eine Mehrheit übernehmen, sagte ein mit den Überlegungen vertrauter Manager der Zeitung. Dies dürfte auch für Tata gelten. Die Gewerkschaft hingegen würde eine Fusion von ThyssenKrupp Steel, den Saarhütten und Salzgitter bevorzugen. Die Gespräche darüber sollen jedoch bislang ergebnislos verlaufen sein.
Auf der Sitzung am Montag dürfte sich der Aufsichtsrat indes mit konkreteren Plänen beschäftigen. Finanzvorstand Klaus Keysberg hatte vergangene Woche bei der Vorlage der Halbjahreszahlen jedoch die Erwartungen an konkrete Schritte gedämpft. Vor dem Hintergrund von Corona könne das "nur ein Blick in die Werkstatt sein".
Bereits bekannt ist, dass ThyssenKrupp Käufer für seinen Anlagenbau sucht und dort auch schon erste indikative Angebote erhalten hat. Auch für große Teile des Komponentengeschäfts sucht der Konzern Partner, da etwa die Automobilzulieferersparte zu klein im Vergleich mit dem Wettbewerb ist. Hier könnte die Liste verlängert werden, so das "Handelsblatt". Und zwar um den Marineschiffbau. Auch hier spricht sich ThyssenKrupp seit längerem für eine Konsolidierung aus und demonstriert Gesprächsbereitschaft. Zuletzt machte dies der Konzern als die beiden Werften Lürssen und German Naval Yards vergangene Woche eine Zusammenlegung ihrer Marineaktivitäten ankündigten.
Die Aktie von ThyssenKrupp kann man Montag ihre positive Entwicklung vom Handelsende am Freitag fortsetzen und notiert leicht im Plus. Die Aktie ist aber weiterhin massiv angeschlagen. ThyssenKrupp hat noch viel Arbeit vor sich. DER AKTIONÄR bleibt am Ball und verfolgt die Entwicklung beim Stahlkonzern weiter. Anleger sollten das Risiko vorerst weiter meiden und an der Seitenlinie bleiben.
(Mit Material von dpa-AFX)