In der Diskussion über weitere Staatshilfen für die Autobranche hat sich Bundesumweltministerin Svenja Schulze für eine "Innovationsprämie" ausgesprochen. Auch Auto-Experte Ferdinand Dudenhöffer ist der Ansicht, dass Nachfrage-Impulse eine richtige Maßnahme für die deutsche Autoindustrie wären. Was bedeutet das für die Aktien von Daimler, BMW und VW?
„Eine Innovationsprämie für Autohersteller zur Förderung von Autos mit alternativen Antrieben kann ich mir gut vorstellen", sagte die SPD-Politikerin dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND/Freitag). "Sinnvoll wären etwa auch Prämien für die Autoflotten sozialer Dienste, die auf Elektroautos umsteigen."
Auch Auto-Experte Ferdinand Dudenhöffer von der Universität St- Gallen würde es Begrüßung, wenn man der für Deutschland wichtigen Automobil-Industrie unter die Arme greifen würde.
"Die Situation ist nicht zu vergleichen mit der Finanzkrise 2008, sondern deutlich dramatischer in ihren Konsequenzen. Nur kräftige Nachfrage-Impulse können davor bewahren in eine flächendeckende Insolvenzwelle zu rutschen, die erheblichen Schaden bei den deutschen Autokonzernen und Marken verursacht", sagt Ddudenhöffer
Allerdings hält der Auto-Experte nicht viel von einer neu aufgelegten Abwrackprämie oder einer Erhöhung der Zuschüsse beim Kauf eines Elektroautos. Dudenhöffer sieht eher die Möglichkeit darin neue Kaufanreize zu schaffen, indem die Mehrwertsteuer gesenkt wird.
"Es wäre eine einfache, unkompliziert und direkt wirkende Maßnahme. Natürlich nur für begrenzte Zeit und nur für höherwertige Konsumprodukte, denn einfache Produkte kaufen auf die Leute ohnehin. Da braucht es den Anstoß nicht", so Dudenhöffer.
Wichtige Branche mit über 800.000 Beschäftigten
Die Autoindustrie, eine der wichtigsten Schlüsselindustrien in Deutschland, ist von der Corona-Krise schwer getroffen worden. Die Autobauer fordern staatliche Hilfen, um die Konjunktur wieder anzukurbeln und den Austausch alter Benziner und Dieselwagen zu fördern.
"Wenn die Bundesregierung demnächst über mögliche Hilfen redet, müssen wir das mit einem klaren Kompass tun. Klimaschutz, Innovation und Arbeitsplätze sind für mich der Maßstab für gute Konjunkturpolitik", sagte Schulze. Zugleich lehnte sie eine Neuauflage der Abwrackprämie von 2009 ab, diese habe der Umwelt nicht genützt. "Falsch wäre es, jetzt Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor und hohem CO2-Ausstoß zu fördern, die dann weitere 10, 15 Jahre auf unseren Straßen fahren", sagte Schulze.
BMW und VW für staatliche Zuschüsse
Zuletzt hatten auch Autobauer wie BMW und VW vorgeschlagen, staatliche Zuschüsse an Umweltauflagen zu koppeln. BMW-Chef Oliver Zipse sprach von einer "Innovationsprämie". Ähnlich äußerte sich der niedersächsische Ministerpräsident Stephan Weil (SPD); Niedersachsen ist VW-Anteilseigner, Weil aufgrund seines Amts VW-Aufsichtsrat. Die Zuschüsse beim Kauf von E-Autos hatten Regierung und Hersteller erst Ende 2019 erhöht.
Fakt ist: Die Corona-Pandemie kommt für die deutschen Autobauer zu einem ungünstigen Zeitpunkt. Der Wandel weg vom Verbrennungsmotor, der Cash-Cow der letzten Jahrzehnte, hin zur Elektromobilität, neuen Mobilitästdiensten und dem wichtigen Thema autonomes Fahren wird Milliarden verschlingen. Viele Investitionen könnten durch die Krise zurückgestellt werden, wodurch Daimler, BMW und VW wertvolle Zeit im Kampf gegen Tesla, Wymo, Nio oder XpengMotors verlieren könnten.
Daimler ist ins Hintertreffen geraten
Daimler ist in Sachen E-Mobility ins Hintertreffen geraten. Vielleicht ist es an der Zeit, die Kräfte zu bündeln. Am wahrscheinlichsten ist es, dass die Zusammenarbeit mit dem chinesischen Partner Geely ausgebaut wird. „Alle die es schaffen, sich mit chinesischen Partnern stabil aufzustellen, sind die potentiellen Gewinner“, sagt Auto-Experte Ferdinand Dudenhöffer gegenüber dem AKTIONÄR.
Was die Aktie von Daimler betrifft, so hat die Börse viel Negatives vorweggenommen. Gut möglich, dass Kurse zwischen 25 Euro und 27 Euro institutionelle Investoren (Geely, BAIC) anlocken, ihren Anteil weiter auszubauen. Anleger legen sich bei Daimler bei Kursen um 27 Euro auf die Lauer. Mut und Geduld sind gefragt.
Volkswagen ist eine Art Fels in der Brandung. Die Zahlen für das erste Quartal haben einmal mehr gezeigt, dass die Strategie aufgeht.
Umsatz- und Gewinn sind besser ausgefallen, als von vielen Experten im Vorfeld erwartet. Die Durchschnittspreise pro verkauftem Auto im VW-Konzern steigen durch den immer größeren Anteil an SUVs. Zudem liegt der Fokus von VW-Vorstand Herbert Diess auf dem Ausbau der Elektromobilität. 33 Milliarden Euro werden in den nächsten vier Jahren alleine in diesen Bereich fliessen.
An fast allen Standorten in China wird wieder produziert. Geht es nach VW-China-Chef Stephan Wöllenstein, so sind viele Autokäufe nur aufgeschoben. "Leute mit Geld strömen in den Markt", meinte Wöllenstein zu den vergleichsweise kleinen Einbußen im Luxusgeschäft.
Anleger bleiben investiert. Das nächste Etappenziel lauet 125 Euro.
BMW bleibt ebenfalls interessant. Vorstand Oliver Zipse geht das Thema Elektromobilität weitaus beherztes an als sein Vorgänger Harald Krüger. Der zuletzt vorgestellte i4 und der iNext zeigen, dass die Richtung stimmt. Hinzu kommt: "Die Disziplin auf der Kostenseite hat bei BMW deutlich zugenommen", sagt Auto-Analyst Jürgen Pieper vom Bankhaus Metzler gegneüber dem AKTIONÄR.
(Mit Material von dpa-AFX).