Die Märket gaben gestern auf breiter Front nach. Sowohl die Aktienmärkte als auch die Rohstoffmärkte gerieten unter Druck. Auch die Kryptowährungen setzten zu einer Talfahrt an. Der Grund: Fed-Chef Jerome Powell meldete sich zu Wort und sprach davon, dass eine Anhebung der Zinsen um 50 Basispunkten auf dem Tisch liegt.
Eigentlich nichts, was der Markt nicht schon wusste. Doch Powell bekräftigte noch einmal, dass die Fed alles tun werde, um die Inflation zu bekämpfen. Auch die schwächelnde US-Wirtschaft werde die Fed nicht von einer aggressiven Zinspolitik abbringen. Einige Analysten sehen nun die Möglichkeit, dass die Fed die Zinsen im Sommer sogar um 75 Basispunkte anheben könnte. Ganz vorne unter den Zinsbullen befindet sich Nomura. Die Analysten gehen davon aus, dass die Fed den Leitzins im Juni und Juli um 75 Basispunkte anheben wird, nachdem er im Mai bereits um 50 Basispunkte steigen dürfte. Damit würde der Zinssatz auf 2,25 Prozent ansteigen, ein phänomenales Ausmaß an Straffung, wenn man bedenkt, dass die Fed noch im März durch den Ankauf von Vermögenswerten eine Lockerung vorgenommen hat.
Gerüchte über eine Anhebung um bis zu 75 Basispunkte kamen bereits letzte Woche auf, als der Präsident der Fed von St. Louis, James Bullard, sagte, dass er eine solche nicht ausschließen würde. Bevor Powell gestern sprach, goss Mary Daly, die Präsidentin der Fed von San Francisco, noch etwas Öl ins Feuer, indem sie sagte, sie werde mit ihren Kollegen darüber sprechen, ob eine Anhebung um 25, 50 oder 75 Basispunkte erforderlich sei. Der Chefvolkswirt der Deutschen Bank sagte gestern, dass die Fed die Zinssätze bis zum Ende der Straffung auf bis zu fünf Prozent anheben könnte - ein Niveau, das seit 2006 nicht mehr erreicht wurde.
Der Schwenk der Fed in Sachen Zinspolitik nimmt schon fast hysterische Züge an. Es noch kein halbes Jahr her, da wurde die Inflation noch als vorübergehend bezeichnet. Nun ist sie ein massives Problem. Die Fed hat viel zu lange zugesehen und nichts getan. Mit diesem Aktionismus scheint sie nun Fehler der Vergangenheit wettmachen zu wollen. Doch die Gefahr, dass sie die Wirtschaft in eine Rezession führt, ist nicht von der Hand zu weisen. Sollten sich die Rezessionsvorzeichen verdichten, kann es aber auch rasch zu einem erneuten Richtungswechsel der Fed kommen.