Der dänische Offshore-Windkraftanlagen-Konzern Ørsted hat mit seinen Neunmonats-Zahlen enttäuscht. Die Ørsted-Aktie sackt am Mittwoch weiter ab auf den tiefsten Stand seit 2017. Auch andere Wind-Aktien wie Vestas und Nordex geraten in den Abwärtssog, fallen jedoch weniger drastisch. Die Aussichten für die Branche sind derzeit ungewiss.
Ørsted hat am Mittwoch-Morgen seinen Geschäftsbericht für die ersten neun Monate vorgelegt, der schlechter als befürchtet ausgefallen ist. Der Betriebsgewinn (EBITDA) belief sich demnach in den ersten neun Monaten 2023 auf 19,4 Milliarden Dänische Kronen (DKK) – umgerechnet etwa 2,6 Milliarden Euro. Das entspricht einem Rückgang von 6,0 Milliarden DKK im Vergleich zum Vorjahreszeitraum. Das EBITDA ohne neue Partnerschaften stieg hingegen um eine Milliarde DKK auf 15,4 Milliarden DKK.
Noch höhere Wertminderungen
Im 9-Monats-Bericht teilt Orsted nun mit, dass die Ende August veröffentlichten voraussichtlichem Wertminderung in Höhe von bis zu 16 Milliarden DKK nicht ausreichen. Die Offshore-Windprojekte in den USA hätten weitere negative Entwicklungen erfahren, "die auf negative Auswirkungen im Zusammenhang mit der Lieferkette, gestiegene Zinssätze und das Fehlen einer OREC-Anpassung bei Sunrise Wind zurückzuführen sind", schreibt das Unternehmen. Die Wertminderungen belaufen sich für die ersten neun Monate belaufen sich nun auf insgesamt 28,4 Milliarden DKK, von denen der Großteil (19,9 Mrd. DKK) auf Ocean Wind 1 entfällt.
Ørsted teilte mit, dass es die Entwicklung der US-Projekte Ocean Wind 1 und 2 nun komplett stoppen wird. Das sei eine Folge von Verzögerungen bei den Zulieferern, die den Projektzeitplan beeinträchtigten und zu einer zusätzlichen erheblichen Verzögerung des Projekts führten. Auch der Anstieg der US-Langfristzinsen habe den Business Case weiter verschlechtert, so Ørsted.
Und weiter: "Die erwähnten Wertminderungen und Rückstellungen werden sich auf unsere Kapitalstruktur auswirken. Als unmittelbare Konsequenz ergreifen wir Maßnahmen, um unsere Kapitalstruktur und unser langfristiges Engagement für unser Kreditrating zu unterstützen. Zu diesen Maßnahmen gehören neben Initiativen zur Kosteneinsparung auch Verbesserungen des Betriebskapitals wie die Finanzierung der Lieferkette, die Priorisierung von Entwicklungsaktivitäten, die Rationalisierung des Portfolios und andere Maßnahmen zur Stärkung der Kapitalstruktur des Unternehmens."
Ørsted-Aktie fällt auf Sechs-Jahres-Tief
Ørsted geht davon aus, dass man den Markt spätestens bei der Bekanntgabe der Ergebnisse für das vierte Quartal 2023 auf den neuesten Stand bringen werden, einschließlich (falls relevant) möglicher Auswirkungen auf unsere langfristigen strategischen Ambitionen und finanziellen Ziele. Trotz der Schwierigkeiten in der Branche behält das Unternehmen seine Prognose für das Gesamtjahr unverändert bei.
Die Orsted-Aktie stürzt am Mittwoch-Vormittag im deutschen Xetra-Handel zeitweilig um rund 20 Prozent ab auf 36,32 Euro (siehe Chart). In Kopenhagen fällt die Aktie vom Dienstag-Schlussstand bei 339,80 DKK auf unter 270 DKK. So tief notierte die Aktie dort zuletzt im Jahr 2017.
Das Analysehaus Jefferies hat die Einstufung für Orsted nach den Zahlen zum dritten Quartal weiterhin auf "Buy" mit einem Kursziel von 500 dänischen Kronen belassen. Die von Lieferschwierigkeiten ausgelösten Wertberichtigungen lägen deutlich über den Erwartungen, schrieb Analyst Ahmed Farman in einer aktuellen Studie. Auch die Zinsen hätten stärker belastet als vom Hersteller von Windkraftanlagen ursprünglich angenommen.
Das Ørsted-Debakel belastet am Mittwoch auch andere Windkraftanlagen-Anbieter. Im MDAX rutscht Nordex zeitweilig um über vier Prozent auf 9,45 Euro ab, kann sich im Tagesverlauf aber berappeln. Vestas-Papiere geben zeitweilig um über drei Prozent nach und rutschen unter die 20-Euro-Marke.
Die Stimmung für Offshore-Wind-Papiere im allgemeinen und für Ørsted im speziellen ist an der Börse auf einen neuen Tiefpunkt gefallen. Bis eine Besserung eintritt und insbesondere Ørsted-Aktien einen Boden finden, sollten Anleger weiterhin an der Seitenlinie verharren.