Rocket Internet hat am Dienstag Pläne für einen Rückzug von der Börse bekanntgegeben und den Investoren bereits ein konkretes Rückererwerbsangebot unterbreitet (DER AKTIONÄR berichtete). Speziell bei Anlegern, die seit dem Börsengang dabei sind, sorgt das für Empörung – für sie geht das Kapitel Rocket Internet mit herben Verlusten zu Ende.
Der Börsengang von Rocket im Oktober 2014 erfolgte zu 42,50 Euro pro Aktie. Zu diesem Kurs war das Unternehmen an der Börse rund 6,7 Milliarden Euro wert. Wer damals eingestiegen ist, dürfte bei den gestern bekanntgegebenen Delisting-Plänen zumindest geschluckt haben: Magere 18,57 Euro bietet das Unternehmen den Aktionären pro Anteilsschein – ein Abschlag von 56 Prozent auf den IPO-Kurs.
Unter Aktionärsschützern und frühen Investoren ist die Empörung groß. Denn durch den selbstgewählten Börsenrückzug des Unternehmens sind Anleger nun gezwungen, ihre Buchverluste zu realisieren. Bei der außerordentlichen Hauptversammlung am 24. September gilt die Zustimmung zu dem Vorhaben als reine Formsache, denn alleine CEO Oliver Samwer und die Global Founders GmbH kontrollieren beinahe die erforderlichen 50 Prozent der Stimmrechte.
Am Geld wird es ebenfalls nicht scheitern: Zum Stichtag 30. April hat Rocket einen Netto-Cash-Bestand von 1,9 Milliarden Euro ausgewiesen. Hinzu kommen 500 Millionen Euro in Aktien börsennotierter Unternehmen. Auf Grundlage des Rückerwerbsangebots muss Rocket davon lediglich rund 1,3 Milliarden Euro in die Hand nehmen, um die übrigen Aktien zurückzukaufen.
Kaum mehr Kursfantasie
Ansonsten ist das Delisting der Start-up-Schmiede kein allzu großer Verlust. Die Tage, in denen Rocket Internet erfolgreiche Unternehmen wie Zalando oder Delivery Hero gezüchtet und an die Börse gebracht hat, waren zuletzt ohnehin vorbei – die Pipeline leer, neue Investitionen Mangelware. Man habe mehr Kapital als Ideen, räumte Samwer bereits 2019 ein.
Das spiegelte sich zuletzt auch im Aktienkurs, der seit mehr als eineinhalb Jahren im Bereich zwischen 26 und 16 Euro seitwärts tendiert. Und ebenso im Rückerwerbsangebot: Bei den 18,57 Euro handelt es sich um den volumengewichteten Durchschnittskurs der vergangenen sechs Monate – und damit um den gesetzlichen Mindestpreis für den Rückkauf.
Bei der Rocket-Aktie selbst ist die Messe gelesen. Zwar begrenzt das Rückerwerbsangebot von 18,57 Euro das Risiko nach unten. Gleichzeitig ist jedoch auch nach oben der Deckel drauf. Möglich, dass Rocket beim Angebot noch leicht nachbessert. Speziell für frühe Investoren macht ein Euro mehr oder weniger das Kraut aber auch nicht Fett.