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21.12.2023 Jochen Kauper

Porsche-Finanzvorstand Lutz Meschke: "Im Hinblick auf die E-Mobilität sind wir sehr gut aufgestellt"

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Porsche AG

Zuletzt ist die Aktie der Porsche AG deutlich unter Druck geraten. Zwischenzeitlich rutschte das Papier sogar unter den IPO-Preis. Die Gründe für den Abgabedruck sind vielschichtig: Analysten befürchten, dass der Macan eine Verkaufslücke im nächsten Jahr aufgrund des Auslaufens des Verbrenners in Europa hinterlassen würde. Zudem sind die Verkaufszahlen im wichtigsten Absatzmarkt China gesunken.

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Foto: Kai Pfaffenbach/Reuters
Porsche-Modelle vor der Börse in Frankfurt

Porsche wird in China gegensteuern. In Zukunft wird sich der Luxusauto-Hersteller auf Rentabilität statt Volumen konzentrieren. Darüber hinaus will man sich mehr am Kunden orientieren. Dazu soll das Infotainment in den Mittelpunkt rücken. Porsche wird speziell ein erstes "in China für China" entwickeltes Infotainment-System bis Ende 2024 ins Rennen schicken. Wie es darüber hinaus um die Zukunft der Porsche AG bestellt ist, darüber sprach DER AKTIONÄR mit Lutz Meschke, stellvertretender Vorstandsvorsitzender und Vorstand Finanzen und IT bei der Porsche AG.

DER AKTIONÄR: Herr Meschke, vor rund 13 Monaten sind Sie mit der Porsche AG an die Börse gegangen. Wie fällt Ihr Fazit aus?

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Lutz Meschke, stellvertretender Vorstandsvorsitzender und Vorstand Finanzen und IT – Porsche AG

LUTZ MESCHKE: Sehr positiv. Ich denke, unser Börsengang war für Porsche aus strategischer und unternehmerischer Sicht ein voller Erfolg. Er ist gut für unsere Kunden, unsere Aktionäre und auch unsere Mitarbeiter. Wir haben eine größere unternehmerische Freiheit und Flexibilität erreicht. Damit können wir eigene Schwerpunkte setzen und schneller und fokussierter agieren sowie für Porsche sinnvolle Partnerschaften eingehen. Angesichts eines global dynamischen und herausfordernden Umfelds ist das wichtiger denn je.

Die größere Eigenständigkeit hilft uns auch, unsere Kunden noch mehr zu begeistern. Davon profitieren dann auch unsere Aktionäre und unsere Mitarbeiter. Denn starke Ergebnisse und Cash Flows sind die Basis für notwendige Investitionen, die unsere hochattraktiven und hochqualifizierten Arbeitsplätze in Deutschland langfristig absichern. Besonders freuen wir uns über das große Interesse von Privataktionären. Viele Aktionäre besitzen keinen Porsche, können jetzt aber als Aktionär Mitglied der Porsche-Familie sein. Damit haben wir Porsche greifbarer gemacht.

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Foto: Martin Mrowka/Börsenmedien AG
Porsche-Chef Oliver Blume und CFO Lutz Meschke

Die gesamte Auto-Branche steckt im Umbruch. Weg von der Cash-Cow, dem Verbrenner, hin zum Elektromotor. Worin bestehen für die Porsche AG die größten Schwierigkeiten beziehungsweise Herausforderungen?

Zunächst einmal möchte ich betonen, dass wir im Hinblick auf die E-Mobilität sehr gut aufgestellt sind. Bei Porsche haben wir die Elektromobilität im Jahr 2015 früher als viele andere eingeleitet. Unser Mut und Pioniergeist wurden belohnt. Mit unserem ersten vollelektrischen Sportwagen Taycan sind wir 2019 sehr frühzeitig in den Markt gestartet. Er ist strategisch wie operativ eine Erfolgsgeschichte. Wir haben die Ambition, im Jahr 2030 mehr als 80 Prozent unserer Neufahrzeuge vollelektrisch auszuliefern. Dabei sind wir aber auch abhängig von der Nachfrage unserer Kunden und der Entwicklung der Elektromobilität in den einzelnen Weltregionen. Wie Sie wissen, ist und wird die Lade-Infrastruktur weltweit sehr unterschiedlich ausgebaut.

Auch deshalb beabsichtigt Porsche, in Europa entlang der Hauptverkehrsrouten eine eigene, exklusive Ladeinfrastruktur für Porsche Kunden aufzubauen. Diese Ladedestinationen werden überdacht sein und eine Lounge haben. Damit wollen wir unseren Kunden ein bestmögliches Lade-Erlebnis ermöglichen. Einen ersten Pilot-Standort haben wir unlängst an der A61 nahe Bingen eröffnet. Darüber hinaus werden wir unseren Kunden für die Übergangszeit auch weiterhin ein sehr attraktives Verbrenner-Portfolio und effiziente Plug-in Hybride anbieten.

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Porsche 911

DER AKTIONÄR: Worin besteht der große Unterschied eines Luxus-Herstellers wie Porsche im Vergleich zu Massenherstellern, wenn man sich in Zukunft vollständig auf die Elektromobilität fokussiert?

Wir werden uns in denselben Faktoren unterscheiden wie bisher. Durch überragende Performance, hochemotionales Design, Liebe zum Detail und Perfektion. Unsere Kunden und alle, die unseren vollelektrischen Taycan gefahren sind, wissen, was ich meine: Auch vollelektrisch ist jedes unserer Fahrzeuge zu 100 Prozent ein Porsche. Und natürlich wollen unsere Kunden auch bei der Software das Porsche-typische Erlebnis haben. Zudem kaufen die Kunden nicht nur unser Produkt, sondern sie werden Bestandteil unseres breit aufgestellten Ökosystems. Dazu gehören etwa unsere Porsche Experience Center, die Brand Stores in den Innenstädten, die Produkte der Porsche Lifestyle Group oder unser Zubehörprogramm Tequipment.

Porsche AG (WKN: PAG911)

Eines Ihrer wichtigsten Modelle, der elektrisch angetriebene Macan, wurde bereits ein Jahr verschoben. Werden Sie den Zeitplan halten können und das Modell 2024 auf den Markt bringen?

Ja, der neue vollelektrische Macan wird 2024 kommen – und wie üblich in den verschiedenen Regionen gestaffelt eingeführt. Unsere Kunden dürfen sich jetzt schon freuen. Das Feedback der Presse nach den ersten Testfahrten mit getarnten Prototypen war jedenfalls sehr gut. Auch die vollelektrische Version wird ein echter Macan sein: ein sportliches SUV mit hohem Alltagsnutzen, hochwertiger Ausstattung, großzügigem Platzangebot und beeindruckenden Offroad-Qualitäten.

Mit seiner 800-Volt-Architektur, leistungsstarken Elektromotoren der neuesten Generation und einem modernen Batterie- und Lademanagement wird er die für Porsche typische E-Performance zeigen. Unser Ziel ist es, dass er das sportlichste Modell in seinem Segment sein wird - und gleichzeitig sehr effizient. Alle Derivate werden WLTP-Reichweiten über 500 km bieten.

Als Technologieträger steckt der vollelektrische Macan voller Innovationen: Die neue Infotainment-Generation bietet unter anderem eine leistungsfähigere Konnektivität und die Nutzung von Drittanbieter-Apps.

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Porsche Taycan

Wann kommen die Modelle Panamera und Cayenne als rein elektrisch angetriebene Varianten?

Nach dem Macan wird zunächst der vollelektrische 718 kommen – er ist für Mitte des Jahrzehnts geplant. Kurz darauf folgt der vollelektrische Cayenne. Langfristig wollen wir unser Produktportfolio um ein neues vollelektrisches SUV erweitern, das oberhalb des Cayenne platziert ist. Dies wird unsere klare Positionierung im Luxussegment unterstreichen und stärken. Wir sehen in diesem Segment viel Potenzial, insbesondere in China und den USA. Beim Panamera müssen Sie sich noch gedulden: Die dritte Generation wird 2024 als Verbrenner und Plugin-Hybrid auf den Markt kommen. Das passt zum zuvor bereits Gesagten: Wir werden unseren Kunden eine gewisse Zeit auch im Bereich der traditionellen Antriebe ein attraktives Portfolio anbieten.


Werden Sie sich mit Porsche auf einen eigenen Weg, was die Software angeht, konzentrieren oder setzen Sie weiterhin auf die Muttergesellschaft VW und Cariad?

Bei wichtigen, unterscheidenden Elementen des Fahrzeugs ist Porsche schon immer seinen eigenen Weg gegangen. Beim Thema Software gehen wir so vor: Die von der CARIAD entwickelte Premium-Softwareplattform wird die Basis für anstehende Elektro-Produktanläufe stellen. Darauf wollen wir markenspezifische Softwaresysteme aufbauen, die die Erwartungen unserer Kunden erfüllen – oder im Idealfall sogar übertreffen. Dabei wollen wir Lösungen und Systeme externer Partner integrieren. Wir arbeiten hier mit den wichtigsten Anbietern der Welt eng zusammen.

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Was wird das Besondere an den Elektroautos von Porsche sein, wenn man speziell die Software und das Infotainment betrachtet?

Unser Credo lautet: Wir orientieren unsere Infotainment-Software vor allem an den Wünschen unserer Kunden – und dies maßgeschneidert nach den Bedürfnissen in den einzelnen Weltregionen. Kunden wollen die digitale Welt, die sie von ihren Smartphones kennen, nahtlos in ihr Fahrzeug übertragen. Deshalb arbeiten wir an lokalen Infotainment- und Navigationslösungen.


Wie weit sind Sie mit Porsche und der Entwicklung von Feststoffbatterien?

Bitte haben Sie Verständnis dafür, dass ich dazu nichts sagen kann. Fakt ist aber: Wir treiben unsere Ambition bei der Entwicklung und Fertigung von Hochleistungsbatteriezellen entschlossen voran. Seit Mai 2023 ist Porsche alleiniger Gesellschafter der Cellforce Group. Die Gigafactory der Cellforce Group mit einer Produktions-Kapazität von rund einer Gigawattstunde pro Jahr befindet sich derzeit im Bau. Die Fertigstellung ist für Mitte 2024 geplant. Zudem prüft Porsche eine mögliche Skalierung auf bis zu 20 GWh. Hierfür werden weltweit mehrere mögliche Standorte untersucht. Die Entscheidung hierüber wird demnächst fallen. Außerdem haben wir Anteile an Group14 Technologies erworben. Das Unternehmen aus den USA verfügt über eine fortschrittliche Silizium-Kohlenstoff-Technologie für Lithium-Ionen-Batterien.

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Porsche Cayenne

2030 wollen Sie mit Porsche 80 Prozent der Verkäufe mit Elektroautos erzielen. Welche Margen sind bis dahin mit Elektroautos möglich dank Skaleneffekten und sinkenden Batteriepreisen?

Wir gehen davon aus, dass wir mittel- bis langfristig unsere Margen für Elektrofahrzeuge steigern werden. Denn wir sehen Potenzial in der Preisgestaltung von Elektrofahrzeugen – insbesondere im Hinblick auf die hochattraktiven neuen Modelle, die wir in der Pipeline haben. Außerdem setzen wir auf Effizienzgewinne durch die geplante Plattformstrategie für Elektrofahrzeuge.

Porsche AG (WKN: PAG911)

Welcher Newcomer im E-Mobility-Segment hat Sie in den letzten Monaten oder Jahren am meisten beeindruckt?

(lacht) Wir sprechen grundsätzlich nicht über andere Hersteller. Aber was ich Ihnen sagen kann, ist: Einige chinesische Hersteller haben ihre Hausaufgaben gemacht und kommen mit einem Elektroangebot auf den Markt, das sicher seine Kunden insbesondere im Volumensegment finden wird. Wir bei Porsche sind mit unserer Luxuspositionierung natürlich anders aufgestellt.

Grundsätzlich profitieren chinesische Hersteller auch von der umfassenden Unterstützung des Staates. Darauf, und auch auf den Inflation Reduction Act in den USA, brauchen wir in Europa schnelle, einfache und wirkungsvolle Antworten. Mit dem IRA werden klimafreundliche Investitionen massiv unterstützt. Unternehmen erhalten innerhalb weniger Wochen Entscheidungen über Förderanträge. Warum geht das in Europa nicht? Die EU muss jetzt nötige Zukunftsinvestitionen innerhalb Europas fördern. Weil die Unternehmen jetzt über dringend nötige Investments entscheiden. Wenn wir dieses Zeitfenster verpassen, fließt das Geld aus Europa ab – und unser aller Wohlstand ist in Gefahr. Und das, obwohl wir hier top ausgebildete Menschen und beste Bedingungen haben. Wir sollten diese Chancen nutzen.


Herr Meschke, vielen Dank für das Interview!

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