Filme und Serien jederzeit und so lange man will ansehen – für viele Netflix-Fans sind das die größten Vorteile des Streamingdienstes gegenüber dem linearen Fernsehen. Doch der eigene Programmdirektor zu sein, kann die Nutzer auch schnell überfordern – zumal die Content-Auswahl inzwischen gigantisch groß und unübersichtlich ist. Doch auch dafür hat Netflix offenbar eine Lösung parat – die traditioneller nicht sein könnte.
Netflix-Abonnenten kennen das Prozedere: Kaum ist eine Serie zu Ende gestreamt, beginnt die Suche nach der nächsten. Zwar steht Netflix mit Vorschlägen und Empfehlungen auf Grundlage von persönlichen Vorlieben und der Streaming-Historie zur Seite, doch die schiere Auswahl überfordert viele Zuschauer. Alleine im vergangenen Jahr hat Netflix insgesamt über 2.700 Stunden an exklusiven Filmen und Serien veröffentlicht. Von älteren Originals und lizensiertem Content ganz zu schweigen.
Neues Feature wird in Frankreich getestet
Um mit der Auswahl überforderten Zuschauern Hilfestellung zu bieten, geht Netflix nun einen neuen und doch sehr traditionellen Weg: In Frankreich experimentiert der Streamingdienst mit einem linearen Fernsehsender. Bei „Netflix Direct“ läuft 24 Stunden am Tag ein Programm, dass aus Inhalten der Netflix-Bibliothek besteht.
„In Frankreich ist traditionelles Fernsehen nach wie vor sehr beliebt bei Menschen, die sich einfach zurücklehnen wollen, ohne sich für eine Sendung entscheiden zu müssen“, begründet Netflix den Schritt in einem Statement. Ideal sei der Sender für Zuschauer, die „nicht in der Stimmung sind, sich zu entscheiden“ oder sich von etwas Neuem überraschen lassen wollen.
In einigen Regionen Frankreichs ist der Sender bereits seit letzter Woche an den Start gegangen und Anfang September im ganzen Land verfügbar sein. Für den Empfang ist ein Netflix-Abo und der Login über den Webbrowser nötig. Ob „Netflix Direct“ auch in anderen Märkten angeboten wird, ließ das Unternehmen zunächst offen.
Rückschritt oder nützliche Innovation?
Auf den ersten Blick mutet das lineare Programm von Netflix wie ein Rückschritt an. Kritiker fragen sich, ob dem Streaming-Dienst nun etwa die innovativen Ideen ausgehen. Doch gerade Abonnenten, die sich einfach nur berieseln lassen wollen, dürften das neue Feature dankbar annehmen – und dafür vielleicht weniger oft zum klassischen Fernsehprogramm zurückgehen.
Zudem bietet es Netflix die Möglichkeit, den Nutzern neue oder weniger bekannte Inhalte schmackhaft zu machen. Und wer über „Direct“ eine neue Lieblingsserie entdeckt, kann jederzeit wieder in den Binge-Watching“-Modus wechseln.
Aktie auf der Beobachtungsliste
Das neue Feature ist sicher nicht die bahnbrechendste Innovation in der Geschichte von Netflix, dürfte aber durchaus Fans unter den Abonnenten finden und Netflix darüber hinaus so gut wie nichts kosten. Ob Netflix dadurch das zuletzt etwas nachlassende Wachstum wieder ankurbeln kann, ist jedoch fraglich.
Zwar kann die Netflix-Aktie im freundlichen Gesamtmarkt zu Wochenbeginn weiter Boden gutmachen. Für den AKTIONÄR bleibt sie auf dem aktuellen Bewertungsniveau aber ein Watchlist-Kandidat.