In den USA kämpfen immer mehr Streamingdienste um Gunst und Aufmerksamkeit der Zuschauer. Anstatt sich jedoch auf einen Preiskampf einzulassen, hat Netflix in der Vorwoche angekündigt, die Preise für ausgewählte Abos erneut zu erhöhen. Das Unternehmen hat allerdings auch allen Grund, um selbstbewusst an der Preisschraube zu drehen.
Neue und bestehende Abonnenten von Netflix müssen in den USA künftig tiefer in die Tasche greifen: Das Standard-Abo soll künftig einen Dollar pro Monat mehr kosten, das Premium-Abo sogar zwei Dollar – eine Preissteigerung um 7,7 beziehungsweise 12,5 Prozent. Angst, dass sich die Kunden deshalb abwenden könnten, hat der Streaming-Riese offenbar nicht – und zwar aus gutem Grund.
Nach Daten der Analysefirma Antenna hat Netflix in den USA seit Jahren eine monatliche Kündigungsquote (churn rate) von rund zwei bis drei Prozent. Das ist nicht nur deutlich niedriger, sondern auch wesentlich stabiler als bei den großen Konkurrenten HBO, Hulu, Starz und Co.
Netflix schafft es also offensichtlich, den Nutzern einen Mehrwert zu bieten, der auch höhere Preise rechtfertig.
If you want to understand Netflix's price hike (h/t @AntennaData) https://t.co/Ntz3OWB4bZ
— Matthew Ball (@ballmatthew) October 29, 2020
Wie aus einer Grafik von Brancheninsider Matthew Ball auf Basis der Antenna-Daten hervorgeht, ließ selbst die letzte Preiserhöhung im Januar 2019 die Kündigungsquote bei Netflix nicht nachhaltig steigen. Damals hatte der Streamingdienst die Preise sogar um bis zu 18 Prozent erhöht.
Wohl nicht die letzte Preiserhöhung…
Für viele Wall-Street-Analysten scheint der weitere Weg ohnehin vorgezeichnet: Speziell im heimischen US-Markt stößt das Neukunden-Wachstum langsam an seine Grenzen. Um Umsatz und Ergebnis weiter zu steigern, muss Netflix also zwangsläufig an der Preisschraube drehen.
Hinzu kommt: Die Produktion exklusiver Inhalte, mit denen Netflix die Kunden bindet, verschlingt jedes Jahr Milliarden. Bislang finanziert das Unternehmen diese Strategie vor allem durch Schulden.
Die Verbindlichkeiten für Streaming-Inhalte summierten sich im Vorjahr bereits auf knapp 19,5 Milliarden Dollar – Tendenz weiter steigend. Damit sich der bislang bewährte Wachstumskreislauf nicht in einen Teufelskreis verwandelt, bleibt Netflix langfristig nur ein Ausweg: steigende Abo-Preise.
Neben der Verschuldung ist zuletzt auch die Bewertung wieder kräftig gestiegen. Mit den jüngsten Quartalszahlen konnte das Unternehmen die hohen Erwartungen allerdings nur bedingt erfüllen. Die Aktie steht daher aktuell nur auf der Beobachtungsliste des AKTIONÄR.