Streaming boomt. Film- und Serienfans haben immer mehr Auswahl: Netflix, Youtube und Amazon Prime sind schon seit Jahren dick im Geschäft. Nun kommen mit Apple und Walt Disney zwei weitere Schwergewichte mit Top-Content dazu. Ein ehemaliger Top-Fernsehmanager bescheinigt den Anbietern noch jede Menge Probleme.
Helmut Thoma glaubt nicht, wie viele andere, an eine große Zukunft der Streaming-Plattformen. „Anbieter wie Netflix werden aller Voraussicht nach scheitern“, so der ehemalige Medienmanager im Interview mit dpa.
Thoma, von 1984 bis 1998 RTL-Chef, weiter: „Am Ende sind diese ganzen Serien doch immer wieder das Gleiche, das langweilt die Zuschauer irgendwann.“ Die Leute wollten auch aktuelle Nachrichtenformate oder Magazinsendungen sehen, das böten nur herkömmliche Fernsehsender.
Thoma glaubt daher nicht, dass das klassische Fernsehen tot sei. „Das ist Quatsch. Es hat eigentlich noch eine große Zukunft vor sich" – wenn die Sender-Verantwortlichen die Potenziale der technischen Entwicklung denn endlich erkennen würden.
TV-Zuschauer sind enttäuscht
Starker Tobak. Schaut man sich die längerfristigen Charts von RTL oder ProSiebenSat.1 an, kann man denken, Thoma hat seine Meinung exklusiv. Viele Serien, die Netflix zeigt, sind preisgekrönt und kommen deswegen so gut an beim Publikum, weil sie eben nicht langweilig sind.
Indes sagen 51 Prozent der Deutschen laut einer Allensbach-Umfrage, dass die Qualität des Fernsehprogramms in den letzten Jahren nachgelassen hat. Nur sieben Prozent sagen: Heute strahlen die Anbieter bessere Sendungen aus als früher.
Vor allem von den Privaten wenden sich die Zuschauer zunehmend ab. Der Marktanteil von RTL liegt nur noch bei 8,3 Prozent (2000: 14,3 Prozent), der von ProSieben bei 4,4 Prozent (2000: 8,2 Prozent).
Grafik: Netflix boomt
Hellblau: Alle Abonnenten, dunkelblau: Bezahlkunden; Quelle: Statista
Glotze an oder aus?
DER AKTIONÄR meint: Derzeit sieht es nicht mal annähernd danach aus, dass das klassische Fernsehen den aufstrebenden Streaming-Diensten gefährlich werden kann. Im Gegenteil: Anbieter wie Disney+ und Apple TV+ werden den Druck auf die TV-Sender noch verstärken. Gut für ProSiebenSat.1, dass sich der Konzern zunehmend auf das Internetgeschäft konzentriert. Für Netflix gilt: Dem Streaming-Pionier bläst angesichts der aufkommenden Konkurrenz der Wind stärker ins Gesicht. Die Anleger sollten deswegen nicht allzu bullish sein. Stopp auf 280 Euro nachziehen.
(Mit Material von dpa-AFX)
Der Vorstandsvorsitzende und Mehrheitsinhaber der Herausgeberin Börsenmedien AG, Herr Bernd Förtsch, ist unmittelbar und mittelbar Positionen über die in der Publikation angesprochenen nachfolgenden Finanzinstrumente oder hierauf bezogene Derivate eingegangen, die durch die durch die Publikation etwaig resultierende Kursentwicklung profitieren: Netflix.